Krise des FC Bayern: Wer san mia?

In München will man nicht wahrhaben, dass die Spieler den Glauben an sich verloren haben. Man fragt sich, was zwischen Weihnachten und dem Basel-Spiel passiert ist.

Schon im Training fragen sich diese sonst so siegessicheren Herren von der Säbener Straße: Warum gewinnen neuerdings immer die Anderen? Bild: dpa

Bayer Leverkusen ließ sich einst, warum auch immer, den Begriff "Vizekusen" rechtlich schützen, Schalke ist seit Jahren nicht ganz unstolz auf den Titel "Meister der Herzen", und ein Klub wie der VfL Bochum freute sich lange Zeit an dem herrlich trotzigen Spitznamen "Die Unabsteigbaren".

Den Slogan aufs Trikot hat sich allerdings keiner dieser Klubs gestickt. So was macht nur der FC Bayern. "Mia san mia", steht da in goldener Schrift auf bayernrotem Grund im Kragen eines jeden Rekordmeistertrikots (ab 54,95 Euro). Ausdruck eines unerschütterlichen Selbstbewusstseins, wenn nicht gar von Chuzpe, nicht sichtbar versehen mit dem an die Konkurrenz gerichteten Untertitel: "Was wollts ihr Hamperer überhaupts noch in dera Liga?"

"Mia san mia" heißt: Wir sind wir! Rekordmeister!! Quasi deutscher Weltmeister!!! Host mi? (Übersetzt: Kapiert?; Anm. d. Red.) Neuerdings fragt man sich an der Säbener Straße allerdings immer öfter: Wer san mia?

Oberboss Karl-Heinz Rummenigge stellte nach dem 0:1 im Achtelfinalhinspiel der Champions League beim FC Basel, trainiert von einem ehemaligen Trainer der Bayern-Jugend, beim dementsprechend wenig festlichen Bankett die durchaus berechtigte Frage: "Was ist eigentlich passiert zwischen Weihnachten und heute, dass wir hier jetzt unzufrieden sitzen?"

Nun, passiert ist in Doha (Katar) das "beste Trainingslager, das ich je erlebt habe", so Trainer Jupp Heynckes - und der Mann ist 66 und hat schon so einige Trainingslager erlebt. Das wusste Rummenigge natürlich auch, und so gab er lieber selbst die Antwort auf seine eher rhetorische Frage: "Ihr müsst wach werden! Ihr müsst bös werden.

Aus der Scheiße! Großes Tennis!

Wir müssen in den nächsten Wochen gemeinsam - ,gemeinsam' ist die Parole - hart arbeiten, um aus der Scheiße wieder herauszukommen. Ihr müsst jetzt aggressiv spielen, und ihr müsst die alte Sepp-Herberger-Weisheit ,Einer für alle, alle für einen' wieder aus dem Hut zaubern. Und am Sonntag gehts los, meine Herren!" Sepp Herberger! Alexandre Dumas! Aus der Scheiße! Großes Tennis! So muss sie wohl aussehen, die moderne Unternehmenskommunikation in einem Erfolgsunternehmen! Glücklich, wer in einer solchen Firma sein Geld verdienen darf.

Wenn da nur nicht immer dieser blöde Ergebniszwang wäre. Ständig zweifelt irgendeine Lichtgestalt an einem ("Ein absoluter Leader wie Stefan Effenberg oder Lothar Matthäus ist nicht sichtbar"). "Am meisten hat mich geärgert, dass nicht alles dafür getan wurde, um das 0:0 über die Zeit zu retten", hat der Kaiser gesagt. Und außerdem: Ständig wissen alle alles besser, ohne wirklich eine Ahnung zu haben (Torwart Manuel Neuer: "So stellen wir uns unseren Fußball nicht vor"; Mittelfeldmann Toni Kroos: "Es fehlt die Leichtigkeit, ein Tor zu machen"), ständig ist einer beleidigt, wenn man ihn auswechselt - und ständig gewinnen die anderen.

Und keiner glaubt dem Trainer mehr, wenn er sagt: "Ich weiß, was zu tun ist." Stattdessen meckern ständig alle, weil sie zu wissen glauben, dass es falsch ist, die Mannschaft jedes Mal in derselben Formation aufs Feld zu schicken. Einer (Ottmar Hitzfeld), von dem alle glauben, dass er es wissen muss, hört schon Alarmglocken schrillen. "Bayern ist ein sensibles Gebilde", hat er gesagt. Ein sensibles Gebilde!? Bayern!?

Zefix aber auch! Gerade jetzt, wo sie doch extra das Champions-League-Finale zu uns nach München vergeben haben. Nur gut, dass jetzt erst mal die Schalker kommen, diese unabsteigbaren Vizemeister der Herzen. Auch wenn niemand weiß, wie es gehen soll, gegen die wird ja wohl mal ein Sieg hergehen. Ja wo sammer denn?!

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