Fürth im DFB-Pokal-Halbfinale: Und jetzt gegen „Lüdenscheid“

Ein Schalker Gewächs hat Greuther Fürth zum spielstärksten Team der zweiten Liga gemacht. Im Halbfinale des DFB-Pokals trifft der Verein auf Dortmund.

In der 2. Liga kaum zu stoppen: Spieler von Greuther Fürth. Bild: dpa

FÜRTH taz | Nein, ein unbedachtes Wort mag Mike Büskens nicht über die Lippen rutschen. Schon gar nicht vor dem wichtigsten Spiel der jüngeren Vereinsgeschichte. Und schon gar nicht gegen den großen Rivalen von Schalke 04, dem Club, der ihm so sehr am Herzen liegt.

Doch wenn am Dienstagabend Abend Borussia Dortmund zum DFB-Pokalhalbfinale an den Fürther Ronhof kommt, geht es für Büskens um mehr als die sportliche Brisanz. Genau wie für Gerald Asamoah („bin Schalker“), der den BVB konsequent „Lüdenscheid“ nennt – wie die blau-weißen Fans in der Schalker Nordkurve.

Selbst der notorische Leisetreter Büskens konnte am Samstag nach dem brillanten 4:1-Sieg bei 1860 München nicht anders, als sein Team euphorisch zu loben. „Wir konnten durch die Art und Weise, wie wir Fußball gespielt haben, ein Zeichen setzen. Wir haben das Tempo hoch gehalten und waren bissig und pfiffig.“ Sachlich gerechtfertigt wären solche Sätze in letzter Zeit fast immer gewesen.

Fürth ist Tabellenführer der zweiten Liga, hat mit Abstand am wenigsten Tore (21) bekommen. Gegen Aachen gewann man 1:0, die fünf Heimspiele zuvor endeten 4:0, 3:0, 5:1, 5:0 und 6:2. Und regelmäßig schwärmen die Trainer der unterlegenen (und oft finanzkräftigeren) Konkurrenz von der wohl spielstärksten Elf der Liga. „Ich hoffe, dass das kein Zufall ist“, lacht Büskens, „wir suchen zielgerichtet Spieler mit guter Grundschnelligkeit und guter Technik.“

„Ich laufe doch nicht bei der erstbesten Gelegenheit weg“

Nun will der 43-Jährige, der im Frühsommer unter anderem ein Angebot von St. Pauli ausschlug, mit dem „Kleeblatt“ aufsteigen. „Hier haben mir Leute vertraut, als ich noch ein unbeschriebenes Blatt war“, sagt er, „da laufe ich doch nicht bei der erstbesten Gelegenheit weg.“ Ob Schalke seit der Magath-Demission einmal bei ihm vorgefühlt habe? „Kein Kommentar.“

Büskens, der seine Spielerkarriere bei Fortuna Düsseldorf begann, hat von 1992 bis 2002 in Gelsenkirchen gespielt, danach arbeitete er dort als Trainer der zweiten Mannschaft, sowie als Co- und Interimstrainer der ersten, ehe er auf Geheiß von Felix Magath gehen musste. Büskens, der selbst seine Frau „auf Schalke“ kennengelernt hat, wohnt noch heute in zentraler Lage in der nicht eben als architektonische Perle bekannten Malocherstadt.

„Die Menschen im Pott knallen dir auch Unangenehmes direkt vor den Kopf. Das finde ich wunderbar.“ Auch die Fußballverrücktheit an der Ruhr gefällt dem Lokalpatrioten, der im fränkischen Exil ein Hotelzimmer bewohnt. „Ich komme eben aus einer Region, in der die Leute in Scharen strömen, sobald ein Flutlichtmast angeht“, sagt Büskens, und es klingt fast entschuldigend.

Ronhof nicht mehr konkurrenzfähig

Nicht immer kann er seine Enttäuschung darüber verbergen, dass er bei einem Verein arbeitet, der es als Erfolg verbucht, wenn 10.000 Fans pro Spiel kommen – immerhin ein Drittel mehr als in der Vorsaison. Fürth steht im Schatten des 1. FC Nürnberg, daran ändert auch der sportliche Höhenflug nichts. Dementsprechend bescheiden fallen die Neubaupläne für das Stadion aus, das bald im Süden der Stadt entstehen soll. 35 Millionen Euro soll es kosten – und Platz für 20.000 Zuschauer bieten.

Der Ronhof, in dem Fürth seine drei Deutschen Meisterschaften 1914, 1926 und 1929 errang, ist nicht mehr konkurrenzfähig. „Was die Infrastruktur angeht, sind fast alle an uns vorbeigezogen“, weiß Präsident Helmut Hack, der beim Gedanken an die „ganz neue Stadionwelt“ ins Schwärmen gerät. Sie werde auch „dann Menschen anziehen, wenn die Mannschaft in der Tabelle weiter hinten steht“.

In dieser Spielzeit zeigt das Team, dem in der Vergangenheit regelmäßig im Endspurt die Puste ausging, eine atemberaubende Konstanz. In einer homogen besetzten Mannschaft stechen Linksverteidiger Heinrich Schmidtgal, die beiden Eigengewächse Stephan Schröck und Edgar Prib sowie die beiden Stürmer Olivier Occean und Christopher Nöthe (beide zehn Saisontreffer) heraus. Im Winter kam der frühere Nationalspieler Gerald Asamoah dazu – er traf bislang in vier Ligaspielen vier Mal und wird von den Fürther Fans längst euphorisch besungen.

Deren Lieblingslied ist allerdings ein Song, den der eigene Cheftrainer eingeführt hat. Zur Melodie der „Rivers of Babylon“ heißt es: „Wir ham den Derbysieg, der uns am Herzen liegt. Und nächstes Jahr – Bundesliga.“ Nach dem verdienten Sieg über den 1. FC Nürnberg im DFB-Pokal-Achtelfinale wurde der Shanty in der Fürther Kneipenmeile Gustavstraße erstmals geträllert – bis in die Morgenstunden. Angestimmt hatte ihn Büskens höchstselbst. Er hatte sich den Text lange vorher ausgedacht.

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