Ein schöner Tag für den Aussortierten

GASTSPIEL Mehr Torchancen und trotzdem 1:2 verloren: Bundesligist VfL Wolfsburg empfängt den FC Augsburg – und damit unter anderem seinen ehemaligen Torhüter Simon Jentzsch

„Dass wir so ein Spiel verlieren, ist irgendwie typisch für uns“

Wolfsburgs Stürmer Patrick Helmes

Seinen vielen Paraden ließ Simon Jentzsch freundliche Worte folgen: „Das war ein schönes Gefühl“, sagte er über seine Rückkehr zu einem Verein, bei dem er sechs Jahre lang unter Vertrag gestanden hatte und am Ende nicht mehr erwünscht war. Inzwischen Torhüter des FC Augsburg, machte Jentzsch mit zahlreichen Rettungsaktionen einen 2:1-Erfolg beim VfL Wolfsburg möglich – und hätte also allen Grund gehabt, sich diebisch zu freuen.

Aber Jentzsch hat sich, frei von Groll, auf seine Art bei Felix Magath revanchiert, der ihn einst in Wolfsburg aussortiert hatte: „Ich habe versucht, mich nur auf den Sport zu konzentrieren und nicht an Magath zu denken“, sagte der 35-Jährige, der dank des Auswärtssiegs mit den Augsburgern wieder auf den Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga hoffen darf.

Wer, wie Magath, im Auftrag diverser Erstligisten schon zahlreiche Profis geheuert und gefeuert hat, muss ständig damit rechnen, ehemaligen Weggefährten zu begegnen. Im Augsburger Team, das Innenverteidiger Tobias Langkampf mit einem Kopfballtor in der 88. Minute erlöste, waren neben Jentzsch auch noch der frühere Wolfsburger Daniel Baier und der vom VfL ausgeliehene Südkoreaner Koo Ja-Cheol am Ball. Sie alle machten ihre Sache ordentlich und hatten am Ende einer Begegnung mit deutlich besseren Torchancen für die Wolfsburger das Glück des Tüchtigen. „Dass wir so ein Spiel verlieren, ist irgendwie typisch für uns“, sagte VfL-Stürmer Patrick Helmes, der für die Niedersachsen nur zum zwischenzeitlichen 1:1 getroffen hatte.

Sinnbild für eine Wolfsburger Saison, in der Magath rund 50 Millionen Euro für neue Spieler ausgeben durfte und doch nur Mittelmaß erreicht hat, war das kuriose 0:1 für die Augsburger in der 13. Minute: Abwehrspezialist Alexander Madlung hatte bei einem seiner Befreiungsschläge so lange gezögert, dass sich Augsburgs Stürmer Torsten Oehrl in den Weg stellen konnte. Von ihm aus segelte Madlungs Schuss dann als Bogenlampe über den verblüfften VfL-Torhüter Diego Benaglio hinweg ins Wolfsburger Tor.

Was Magath nachher in ungewohnter Milde als Unaufmerksamkeit bezeichnete, war eine Ursache dafür, warum seinem Klub der Weg zurück in den internationalen Wettbewerb verbaut bleiben dürfte: „Nach drei Niederlagen brauchen wir nicht von Europa zu reden“, sagte der Wolfsburger Allesentscheider. Und räumte zähneknirschend ein, dass der Torwart der gegnerischen Mannschaft ein gutes Spiel gemacht habe.

Jener Torwart war vor der Partie mit Applaus von den Wolfsburger Fans begrüßt worden. Nach dem Spiel vor 25.143 Zuschauern trat Jentzsch als galanter Genießer auf. Der Routinier, der nach seinem Aus in Wolfsburg und längerer Arbeitslosigkeit sein neues Glück in Augsburg gefunden hat, freute sich über die freundliche Begrüßung. „Vielleicht habe ich hier dann auch einiges richtig gemacht“, sagte er – und verzichtete darauf, Magath erneut beim Namen zu nennen. CHRISTIAN OTTO