Deutsche Volleyball-Frauen: London im Visier

Giovanni Guidetti hat die deutschen Volleyballerinnen an die Weltspitze herangeführt. Jetzt kämpfen sie um die Qualifikation für die Olympischen Spiele.

Er findet die richtigen Worte und hat Feuer in den Augen: Nationaltrainer Giovanni Guidetti Bild: dpa

Im Spitzensport geht es oft um Gardemaße und Ausnahmekönner. Wer über das eine verfügt, wird zum anderen. Damit hat er sportlichen Erfolg so gut wie sicher.

Giovanni Guidetti ist 1,78 Meter lang. Im Volleyball bedeutet das: kein Gardemaß –und damit auch keine Chance, zum Ausnahmekönner zu avancieren. Aber so leicht ließ sich der Italiener nicht aufhalten. Als Spieler waren seine Möglichkeiten begrenzt, doch als Trainer stand ihm die Volleyballwelt offen. Also begann er schon mit 23 Jahren seine Karriere als Coach.

Und heute, mit 39 Jahren, als Champions-League-Sieger mit Istanbul und Vizeeuropameister mit der deutschen Volleyballnationalmannschaft, werden solche Dinge über Guidetti geschrieben: Er sei ein „Volleyballbesessener“. Ein „Wundermann“. Ein „Entwicklungshelfer im deutschen Volleyball.“

Viel fehlt nicht mehr zum Ausnahmekönner, eigentlich nur noch ein einziger kleiner Schritt. Oder, wie Guidetti es formuliert: „Die Kirsche im Kuchen.“ Die Qualifikation für die Olympischen Spiele in London mit den deutschen Volleyballerinnen. Eine, vielleicht sogar die letzte Chance besteht beim am Dienstag gestarteten Qualifikationsturnier in Ankara. Die deutschen Frauen setzten sich zum Auftakt souverän mit 3:0 (25:12, 25:16, 25:17) gegen Kroatien durch.

In ihrer Gruppe A treffen sie am Donnerstag noch auf die Türkei (18 Uhr) und am Freitag auf Bulgarien (15.30 Uhr). In der zweiten Gruppe spielen Weltmeister Russland, Europameister Serbien, Polen und die Niederlande gegeneinander. Die jeweils zwei Gruppenbesten rücken ins Halbfinale auf, nur der Finalsieger erhält ein London-Ticket.

Mit Selbstbewusstsein in die Qualifikation

Und das Team des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVB) bekommt, sollte es nicht siegen, nur dann eine zweite Chance, wenn entweder Russland oder Serbien in Ankara gewinnen. Dann dürfte die Mannschaft bei einem weiteren Qualifikationsturnier in Tokio (19. bis 27. Mai) noch einmal um ein Olympiaticket spielen.

„Wir gehen mit viel Selbstbewusstsein in dieses Turnier“, hat der Bundestrainer vor dem Start gesagt. Das haben er und seine Volleyballerinnen sich erarbeitet, seit er 2006 das Amt des Bundestrainers übernahm. Bei Weltmeisterschaften hat Guidetti das deutsche Team vom elften auf den siebten Rang geführt, bei Europameisterschaften über die Plätze sechs und vier zur Vizemeisterschaft im vergangenen Jahr.

Knapp an einer Sensation gescheitert sind die Deutschen im November 2011 bei ihrem ersten Versuch, ein Olympiaticket zu erobern. Beim World-Cup in Japan schlugen sie Europameister Serbien, Argentinien und den Weltranglistenzweiten USA. Das Frauenteam des DVB etablierte sich in der Weltspitze, auch wenn es die Qualifikation knapp verpasste.

Von jungen Mädchen zu Spielerinnen

„Wir haben jedes Jahr einen Schritt nach vorn gemacht“, sagt Guidetti. „Als ich anfing, bestand meine Mannschaft aus jungen Mädchen mit nichts als Hoffnung.“ Diese Mädchen von damals trügen jetzt „große Namen in der Volleyballwelt“. Wie er diese Mannschaft zu dieser spielstarken Einheit geformt hat, die sie heute ist? Guidetti antwortet: „Die Spielerinnen sind so zufrieden, zusammen zu arbeiten und zusammen zu kämpfen, sie lieben die Zeit zusammen.“

Und auch er, der Trainer, sei in jeder Minute, die er in der Halle verbringe, zufrieden. „Das ist mein großes Glück im Leben.“ Guidetti spricht mit Elan und italienischem Akzent. „Andere Mannschaften haben mehr Zentimeter, einen besseren Block, sind personell stärker besetzt“, sagt er. „Aber wir können als Team alle schlagen.“

Zum Ausnahmekönner werden, ohne Gardemaße zu haben – damit kennt Guidetti sich schließlich aus.

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