Kommentar neuer Präsident in Slowenien: Ohrfeige für die Neoliberalen

Die rechte Regierung hat ohne Not tiefe Einschnitte ins soziale Netz vorgenommen. Dafür erhielt sie nun die Quittung. Danilo Türk wird Slowenien angemessen in Europa repräsentieren.

Ein bisschen Angst musste man in den letzten Jahren um Slowenien schon haben. Die Regierung Janez Jansa wollte mit aller Gewalt und ohne Not das seit der Unabhängigkeit wirtschaftlich erfolgreiche Land auf neoliberalen Kurs trimmen. Dies bedeutete nicht nur Einschnitte in das soziale Netz, sondern auch bei der bisher in vielfältiger Weise vorbildlichen Sozialpartnerschaft. Sie duldete sogar erhebliche Übergriffe und Menschenrechtsverletzungen gegen Roma. Und sie scheute sich nicht davor, Druck auf die Medien auszuüben. Unliebsame und kritische Journalisten mussten ihre Schreibtische räumen. Die vielfältigen Proteste der letzten Monate nützten nichts.

Am Sonntag nun haben die Wähler der Regierung einen gehörigen Denkzettel verpasst. Indem sie den Sozialdemokraten und Staatsrechtler Danilo Türk mit überwältigender Mehrheit zum Präsidenten wählten, war nicht vordringlich der Gegenkandidat und Europaabgeordnete Peterle abgestraft, sondern vor allem der Regierungschef Janez Jansa selbst. Der hatte zu allem Übel auch noch damit angefangen, die Geschichte der letzten Jahrzehnte umzudeuten und sich das Verdienst, das Land 1991 in die Unabhängigkeit von Jugoslawien geführt zu haben, allein ans Revers zu heften. Dabei war es doch der populäre Exkommunist Milan Kucan gewesen, der damals die slowenische Politik leitete. Vielen ging das zu weit und sie wählten jemand, der als ehemaliger UN-Funktionär das Land in Europa repräsentieren und die EU-Führerschaft glaubwürdig übernehmen kann.

Innenpolitisch hat das Amt des Präsidenten zwar nur wenig Macht, aber ein großes moralisches Gewicht. Und so wird Slowenien bis zu den Parlamentswahlen 2008 von einer Art Kohabitation geprägt. Das ist kein Umsturz, aber immerhin sind dem konservativ-rechten Lager durch ein wiedererstarktes linksliberales Lager Grenzen gesetzt worden. Für die nächsten Parlamentswahlen bedeutet die Wahl Türks aber noch keine Entwarnung. Die 20 Prozent offenen Anhänger der Rechtsradikalen und Populisten sind der Wahl großteils ferngeblieben.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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