Kommentar Krise bei Unicef: Wie man seinen Ruf verspielt

Vorsitzende Simonis wollte Licht in das undurchsichtige Gebaren des Unicef-Geschäftsführers bringen. Diesen Machtkampf konnte sie nicht gewinnen. Der Ruf von Unicef ist ruiniert.

Was hat sie nicht alles für ihr Ehrenamt als Unicef-Vorsitzende gemacht: Zugunsten des Kinderhilfswerks ließ sie sich sogar als "Hoppel-Heide" in einer RTL-Tanzshow verspotten. Und nun dieser traurige Abgang, gerade mal zwei Jahre nach Amtsantritt. Die 64-jährige Sozialdemokratin ist gescheitert. Bei ihrem Sturz als Ministerpräsidentin in Schleswig-Holstein war es ein bis heute unbekannter Heckenschütze aus den eigenen Reihen, der sie zu Fall brachte. Diesmal kannte sie ihren Gegenspieler und unterschätzte ihn doch sträflich.

Ihr entscheidender Fehler: Sie hat nicht erkannt, was von ihr erwartet wurde. Man wollte eine Grüßtante an der Vereinsspitze, keine Politikerin. Solange sie sich aufs Repräsentieren beschränkte, ging denn auch alles gut. Aber Simonis wollte mehr. Aufgeschreckt durch Medienberichte, wollte sie Licht in das undurchsichtige Geschäftsgebaren des fast allmächtigen Geschäftsführers Dietrich Garlichs bringen, der seit fast zwei Jahrzehnten bei Unicef frei schaltet und waltet. Daraus wurde ein Machtkampf, den sie nicht gewinnen konnte.

Verloren hat allerdings vor allem Unicef. Denn das UN-Kinderhilfswerk ist weiter dabei, seinen guten Ruf zu verspielen. Wer spendet denn noch an eine Organisation, die im Ruch eines zwielichtigen Geschäftsgebarens steht? Die Glaubwürdigkeit ist jedenfalls erschüttert - und das wird auch so bleiben, solange die Kraft zu einem wirklichen Neuanfang fehlt. Ohne Garlichs.

Was ist Unicef? Ein Unternehmen, das nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten arbeitet? Oder eine humanitäre Organisation mit hohem moralischem Anspruch? Auf eine Antwort auf diese Frage habe sie sich mit ihren Mitvorständlern nicht einigen können, beklagt Simonis.

Hier liegt das Dilemma des Deutschen Unicef-Komitees. Hauptsache, die Kasse klimperte - mehr wurde nicht erwartet. Doch denjenigen, auf deren Spenden Unicef angewiesen ist, reicht das nicht: Sie wollen eine transparente Verwaltung ihrer Spenden - damit so viel wie möglich davon bei denen ankommt, die es nötig haben. Mit Heide Simonis ist die Falsche zurückgetreten.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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