die taz vor zehn jahren über den generationswechsel bei der NPD und antifa-routine
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Seit Jahrzehnten bitten Rechtsextremisten in die Passauer Nibelungenhalle. Nicht, daß die Stadt ein besonderer Hort braunen Gedankenguts wäre, man hat es dort nach einer Reihe von verlorenen Prozessen schlicht aufgegeben, den Nazis die häßliche Halle zu verwehren. Was die DVU jahrezehntelang gerichtlich erstritten hat, wollte nun auch die NPD für sich nutzen. Doch dieses Mal strömten nicht Altnazis in die Donaustadt, sondern stramme Jungnazis und Fascho-Skins, flankiert von den führenden Aktivisten verbotener Organisationen. In der NPD hat sich ein Generationswechsel vollzogen. Aus der unbeweglichen, revisionistischen Partei ist eine Organisation geworden, die besonders in den neuen Bundesländern die Jugend anzieht, die geschickt die soziale mit der nationalen Frage verknüpft. Nationale Stammtische sowie Konzerte und Vertrieb von Nazi-Skin-Musik gehören ebenso dazu wie zentrale Aufmärsche. Der Aufbau einer „nationalen außerparlamentarischen Opposition“ ist das Ziel der NPD. Der NPD geht es nicht um möglichst schnelle Wahlerfolge, sondern um den langsamen Aufbau einer Sammlungsbewegung. Während sich in der NPD eine „Modernisierung“ abzeichnet, bleibt beim Widerstand alles beim alten. Das ist fatal. Anstatt diesem Treiben dumpfbackiger Nazi-Skins eine gesellschaftliche Alternative, die Lebensfreude, Zukunftsgefühl und Ausgelassenheit ausstrahlt, entgegenzusetzen, verharrte die von der „Antifaschistischen Aktion“ initiierte Demonstration in alten Ritualen. Dumpfe Rhythmen vor dem Demoauftakt, die schwarze Kapuze auf dem Kopf, die schwarze Sonnenbrille auf der Nase und das Genick tief eingezogen – alles Signale, die zeigen sollen, daß man unter sich bleiben will. Tatsächlich geht es um Abgrenzung. So zieht man dann durch Passau und skandiert: „Wir haben euch etwas mitgebracht: Haß, Haß, Haß.“ Haß reicht nicht, um die Faszination, die nationale Parolen auf Jugendliche ausüben, zu durchbrechen.Bernd Siegler, taz vom 9. 2. 1998