Kommentar Bahnprivatisierung: Anfang vom Ausverkauf

Ein bisschen privates Kapital folgenlos in den Schienenpersonenverkehr zu holen - das geht so wenig, wie ein bisschen schwanger zu werden.

Was hat die hessische SPD-Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger mit den Kunden und Kundinnen der Deutschen Bahn zu tun? Mehr, als dem gemeinen Bahnfahrer bewusst sein dürfte. Denn durch die strategische Entscheidung Metzgers, der linken Wahlsiegerin Andrea Ypsilanti die Gefolgschaft zu verweigern, sind die Linken innerhalb der SPD in die Defensive geraten. Entsprechend schwächer könnte nun ihr Widerstand gegen die geplante Teilprivatisierung der Bahn ausfallen. Das aber träfe Bahnkunden wie -beschäftigte gleichermaßen. Denn private Investoren kümmern sich nicht um deren Interessen, sondern um ihre Rendite.

So wirkt sich das sozialdemokratische Debakel von Wiesbaden bis nach Berlin aus. Als hessischer SPD-Superminister für Wirtschaft und Umwelt würde der Privatisierungskritiker Hermann Scheer sicher offensiver auftreten, als er es jetzt tut. Dabei hat das Thema Bahn eigentlich nichts mit den Querelen im Wiesbadener Landtag zu tun.

Nun versucht die Bahn-Arbeitsgruppe der SPD unter Leitung ihres Parteivorsitzenden Kurt Beck, zwischen den Privatisierungsbefürwortern und -gegnern innerhalb der Sozialdemokraten einen Kompromiss zu finden. Doch das ist unmöglich. Ein bisschen privates Kapital folgenlos in den Schienenpersonenverkehr zu holen - das geht so wenig, wie ein bisschen schwanger zu werden.

Bei der Bahn droht nun eine falsche Weichenstellung. Wenn die SPD den Einstieg privater Investoren zulässt, wäre dies der Beginn vom Ausverkauf des bundeseigenen Mobilitätsunternehmens. Mit so einer Entscheidung will Parteichef Kurt Beck Handlungsfähigkeit beweisen und die Parteirechte in Schach halten. Dabei ist seine Parteibasis mit großer Mehrheit gegen die Bahnprivatisierung. Wenn das Vorhaben scheitert, wird sie Beck sicher nicht zu Fall bringen, im Gegenteil: sie wäre ihm ausgesprochen dankbar, das letzte neoliberale Privatisierungsprojekt verhindert zu haben.

Der Wahlerfolg Ypsilantis zeigt, dass dieser Kurs an den Urnen ankommt. Auch deshalb drängen CDU, Bahnchef Hartmut Mehdorn und die SPD-Rechte jetzt so sehr auf Eile. Leider hat auch die Bahngewerkschaft Transnet deshalb schon weiche Knie bekommen. RICHARD ROTHER

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Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.

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