AUSGESPROCHEN ÄRGERLICH: LOBBYISTEN ALS LEIHARBEITER IN MINISTERIEN
: Geheimer Rat der Industrie

Macht es überhaupt einen Unterschied, ob Unternehmens- oder Verbandsvertreter direkt in einem Ministerium mitarbeiten – oder bloß konsultiert werden? Großunternehmen und Wirtschaftsverbände wirken bei der Gesetzgebung ja ohnehin mit. Sie haben ihre eigenen Experten, die über Jahre mit den Abteilungsleitern im Ministerium vertraut sind, denen sie nicht nur an Restauranttischen, sondern auch an Behördentischen dutzendfach gegenübergesessen haben.

Ist es dann noch von Relevanz, ob sie als „externe Mitarbeiter“ auch noch Zugang zum Intranet haben und wissen, wo im Ministerium der Kaffeeautomat steht? Die Regierung meint offenbar: nein. Denn sie will weiterhin Firmen- oder Verbandsbeschäftigte ausleihen. Nur soll der Bundestag künftig auch erfahren, wen Bayer, Deutsche Bank und Co wo im Einsatz haben. Immerhin. Noch 2006 bestritt die Regierung schlicht, dass es solche Leiharbeit überhaupt gebe.

Doch wenn die Bundesregierung ihre Ministerien nicht als geschlossene Häuser versteht, muss sie konsequent sein. Mit Sicherheit kann sie nicht nur die Expertise der Deutschen Bank gebrauchen, die zuletzt allein in fünf Ministerien mitarbeitete. Auch der sachliche Beistand von Verbraucher- und Umweltschützern oder von amnesty international sollte für die Beamten von Relevanz sein. Was ist mit dem Chaos Computer Club, der auch die IT-Probleme in den Griff bekommen dürfte, um die es so maßgeblich geht?

Da es in aller Regel die Behörden sind, die bei Unternehmen anklopfen und um Verstärkung bitten, könnten sie ebenso gut über eine kleine Ausschreibung nachdenken: „Zu lösen ist das Problem xy, wir erwarten gute Vorschläge bis dann und dann.“ Die Konkurrenz der Bewerber wiederum könnte öffentlich sein, sodass alle voneinander lernen können.

Nein? Unrealistisch? Dann sollte die Bundesregierung die Beschäftigung Externer doch besser abstellen. Geht bei der EU-Kommission in Brüssel ja offenbar auch. Sonst bleibt mindestens ein Geschmäckle. ULRIKE WINKELMANN