Kommentar Neuwahlen in der Ukraine: Russlands leichte Beute

Ständige Neuwahlen sind kein Ausweg aus der politischen Dauerkrise in der Ukraine. Die Stabilität auf der Krim ist gefährdet.

Das Szenario, das sich in Kiew seit Anfang September mit dem Bruch des Regierungsbündnisses zwischen den Parteien von Premierministerin Julia Timoschenko (BJUT) und Präsident Wiktor Juschtschenko (NUNS) bereits abzeichnete, ist eingetreten: Gerade mal 15 Monate nach den letzten Parlamentswahlen müssen die Ukrainer voraussichtlich am 7. Dezember wieder an die Urnen.

Das Dumme ist nur, dass auch diese Abstimmung keinen Ausweg aus der politischen Dauerkrise bieten wird. Denn die politische Konstellation im ukrainischen Parlament dürfte nach der Wahl im Dezember nur wenig anders aussehen, als sie sich heute darstellt.

Daher verwundert es nicht, dass weder die Parteien noch die Wähler diese Abstimmung wirklich wollen. Die Bevölkerung hat die Ränkespiele der politisch Verantwortlichen ohnehin schon lange satt. Denn nun drohen erneut quälende Koalitionsverhandlungen, die das Land für Wochen oder Monate lähmen werden. Eine Schlüsselfigur dabei wird erneut die einstige Heldin der orangenen Revolution, Julia Timoschenko, sein. Sie ist offensichtlich bereit, mit fast jedem zu koalieren.

Der fortdauernde Stillstand ist für die Ukraine auch außenpolitisch fatal - nicht zuletzt vor dem Hintergrund des jüngsten Krieges zwischen Russland und Georgien wie auch angesichts der Tatsache, dass Russland unter den russischen Einwohnern der Krim bereits großzügig Pässe verteilt. Zu Recht wächst in der Ukraine die Furcht, die Halbinsel könnte in naher Zukunft ebenfalls zur Krisenregion werden. Moskau jedenfalls dürfte mit Interesse die Ereignisse im Nachbarland verfolgen, war doch der ukrainische Kurs gegenüber Russland mit ein Grund für das Ende der Kiewer Koalition.

Und der Westen? Hier kann sich bestätigt fühlen, wer die Ukraine ohnehin - auch aus Rücksicht auf Russland - in die Warteschleife schieben wollte. Derzeit allerdings nicht ganz zu Unrecht: Denn ein Land, in dem vor allem Chaos herrscht, empfiehlt sich wahrlich nicht für eine Heranführung an die Nato und eine Integration in europäische Strukturen.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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