Kommentar Passau-Attentat: Der Kampf um die Straße

Nach dem Attentat von Passau ein NPD-Verbot zu fordern, ist der falsche Weg. Denn damit schafft man rechte Gewalttäter nicht ab.

Kaum werden mutmaßlich rechtsextreme Gewalttaten in der Öffentlichkeit thematisiert, taucht auch schon wieder das NPD-Verbot auf. Nach dem Anschlag auf eine Düsseldorfer Synagoge im Jahr 2000 waren es Schröder, Schily und Beckstein, die durch ein NPD-Verbot den Antisemitismus erledigen wollten. Da das hemdsärmelige Trio in seinen Anträgen aber Aussagen von Neonazis aufführte, die dem Verfassungsschutz Informationen verkauften, mussten die Richter das Verfahren einstellen.

Seitdem entdeckten noch mehr militante Neonazis die Partei als Waffe für sich. 2007 wurden im sächsischen Mügeln mehrere Inder vom besoffenen Mob gejagt. Diesmal trat der hilflose SPD-Chef Beck auf den Plan und forderte das Parteiverbot, um endlich den Rassismus abzuschaffen. Damit würgte Beck die Debatte über menschenfeindliche Einstellungen in der Mitte der Gesellschaft wohl ungewollt, aber erfolgreich ab.

Nach dem Attentat von Passau oblag es nun Bayerns Innenminister Herrmann, die öffentliche Aufmerksamkeit vom nicht vorhandenen Engagement vieler staatlichen Stellen bei der Bekämpfung rechtsextremer Gewaltverbrechen abzulenken - laut aktuellen Zahlen gibt es täglich mindestens zwei solcher Taten. Dabei war es Herrmann, der bei der Innenministerkonferenz im April seinen Kollegen gegen die NPD andere Maßnahmen als ein Verbotsverfahren empfohlen hatte, so etwa die Einschränkung des Demonstrationsrechts. Und als die CSU im Herbst die sich abzeichnende Wahlniederlage noch abzuwenden versuchte, baute sie auf antikommunistische Reflexe und setzte die Wähler der Linkspartei mit denen der NPD gleich.

Davon ist jetzt nichts zu hören, denn dieses Mal ist es kein Vietnamese, kein Punk oder Obdachloser, der Opfer eines mutmaßlichen Neonazis wird. Da die Rechtsextremen beim "Kampf um die Parlamente" im Westen nicht vorankommen, führen sie verstärkt den "Kampf um die Straße" - und somit auch gegen die Polizei. Ein NPD-Verbot ändert daran nichts, im Gegenteil: In der Illegalität wäre der Schritt zu einem bewaffneten Rechtsterrorismus noch kürzer. PATRICK GENSING

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