DER KONFLIKT ZWISCHEN RUSSLAND UND UKRAINE IST NICHT GELÖST
: Gas kommt, Krise bleibt

Spätestens in drei Tagen, wenn wieder Gas aus Russland durch die Ukraine nach Europa fließt und die Menschen auf dem Balkan nicht mehr in ihren Wohnungen bibbern müssen, wird das Thema Gasstreit aus den täglichen Nachrichten verschwunden sein.

Doch zu glauben, damit wäre die Krise zwischen Moskau und Kiew grundsätzlich beigelegt, ist Wunschdenken. Nach wie vor streiten Gazprom und die ukrainische Naftogaz über Gaspreise und Transitgebühren. Klar ist schon jetzt, dass die Ukraine, die von der Finanzkrise schwer getroffen ist, auch moderat erhöhte Preise für russisches Erdgas nicht wird aufbringen können – von den unlängst in Moskau genannten 450 Dollar je 1.000 Kubikmeter ganz zu schweigen. Hinzu kommt, dass die innenpolitische Situation bei Russlands Nachbarn weiter extrem instabil ist. Niemand weiß, wie lange der Burgfrieden zwischen Regierungschefin Timonschenko und Staatspräsident Juschtschenko hält. Zugegeben: auch die schier übermächtig scheinende Gazprom ächzt unter einer hohen Schuldenlast und massiven Preiserhöhungen für Gas aus Turkmenistan, das der Konzern zukaufen muss, um seine Lieferverträge gegenüber Europa zu erfüllen. Dass da Kiew nicht auf Dauer subventioniert werden kann, liegt auf der Hand. Die Blockade Gazproms jedoch allein mit der Notwendigkeit marktgerechter Beziehungen zum Nachbarn zu begründen, wie Premierminister Putin es tut, ist absurd. Vielmehr hat der Kreml Gazprom als politische Waffe eingesetzt. Das war auch Anfang 2006 nicht anders, nur dass sich seit dem russisch-georgischen Krieg im vergangenen August die Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland noch weiter abgekühlt haben.

Und so ist die nächste Konfrontation programmiert. Deshalb muss die EU weiter am Ball bleiben – nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch in dem der Ukraine und anderer Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Die Pendeldiplomatie der tschechischen Ratspräsidentschaft, so erfolgreich sie ad hoc auch gewesen ist, reicht nicht aus. BARBARA OERTEL