Kommentar Geberkonferenz Gaza: Die elegante Lösung

Die Grenzen bleiben geschlossen. Und das benötigte Baumaterial ist draußen, während drinnen die Hamas regiert. Ein Wiederaufbau ist nur mit der Hamas möglich.

Die Frage ist: Wie kann man den Gazastreifen mit geschlossenen Grenzen wiederaufbauen und darüber hinaus dafür sorgen, dass die eigentlichen Herrscher, die palästinensische Hamas, vom Wiederaufbau ausgeschlossen bleiben? Die Aufgabenstellung der internationalen Geberkonferenz in Sachen Gaza ist offensichtlich nicht einlösbar.

Darüber können auch nicht die Milliarden hinwegtäuschen, die jetzt den Palästinensern versprochen wurden. Denn: Die Grenzen sind weiterhin geschlossen. Und das benötigte Baumaterial ist draußen, während drinnen die Hamas regiert.

Was im Krieg nicht erreicht wurde, nämlich die Hamas zu schwächen, das wird jetzt erneut versucht. In anderen Worten: Die Geldgeber versuchen nun mit dem Wiederaufbaugeld Politik zu machen. Zur Geberkonferenz war entsprechend die Hamas-Konkurrenz des Palästinenserpräsident Mahmud Abbas geladen. Diejenigen aber, die in Gaza die Fäden ziehen, blieben außen vor. Beharrlich wiederholte Hillary Clinton, die US-Außenministerin, in ihrer ersten Nahostrede ihr Credo: Unterstützt Abbas - isoliert die Hamas. Eine Forderung an Israel, die Grenzen zu öffnen, kam ihr nicht über die Lippen.

Dabei wissen alle schon heute, dass ein Wiederaufbau unter Ausschluss der Hamas nicht funktionieren kann. Folglich hegen sie jetzt die unausgesprochene Hoffnung, dass am Ende eines palästinensischen Versöhnungsprozesses eine Einheitsregierung mit Fatah und Hamas stehen wird. Dies würde der EU und den USA den eleganten Rückzug aus der Sackgasse erlauben. Wiederaufbaugelder könnten dann an den Fatah-Teil der Regierung fließen, mit dem auch verhandelt werden kann, und doch wäre die Hamas politisch eingebunden. Die jetzt versprochenen Gelder können dabei für den palästinensischen Versöhnungsprozess durchaus motivierend wirken.

Bemerkenswert ist noch, dass in allen feierlichen Reden über den Wiederaufbau von Gaza das Wort "Israel" nur sehr selten fiel. Dagegen war immer wieder von der verheerenden humanitären Lage und der Not in Gaza die Rede. Gerade so, als sei der Gazastreifen Anfang des Jahres von einem Erdbeben heimgesucht worden.

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Karim El-Gawhary arbeitet seit über drei Jahrzehnten als Nahost-Korrespondent der taz mit Sitz in Kairo und bereist von dort regelmäßig die gesamte Arabische Welt. Daneben leitet er seit 2004 das ORF-Fernseh- und Radiostudio in Kairo. 2011 erhielt er den Concordia-Journalistenpreis für seine Berichterstattung über die Revolutionen in Tunesien und Ägypten, 2013 wurde er von den österreichischen Chefredakteuren zum Journalisten des Jahres gewählt. 2018 erhielt er den österreichischen Axel-Corti-Preis für Erwachensenenbildung: Er hat fünf Bücher beim Verlag Kremayr&Scheriau veröffentlicht. Alltag auf Arabisch (Wien 2008) Tagebuch der Arabischen Revolution (Wien 2011) Frauenpower auf Arabisch (Wien 2013) Auf der Flucht (Wien 2015) Repression und Rebellion (Wien 2020)

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