STEFFEN GRIMBERG ÜBER DEN NEUEN RUNDFUNKSTAATSVERTRAG
: Weniger Inhalt, mehr Geld

Wer die Hauptverantwortlichen für das gegenwärtige Durcheinander in Europa sucht, irrt

Mit dem Inkrafttreten des neuen Rundfunkstaatsvertrags am Montag verschwanden diverse Onlineangebote von ARD, ZDF & Co aus den Weiten des World Wide Web. Weitere werden bis Jahresende folgen, und das nicht zu knapp. Laut ZDF umfasst die Streichliste 80 Prozent des bisherigen Angebots.

Alle weiter bestehenden und neuen Onlineangebote heißen ab sofort „Telemediendienste“ und müssen einem aufwendigen Genehmigungsverfahren, „Dreistufentest“ genannt , unterzogen werden. Und das schlägt mit Millionenkosten zu Buche.

Die neuen Spielregeln für die Sender kamen auf Druck der EU zustande, die sonst die deutsche Praxis der Rundfunkgebühren als unerlaubte Beihilfen verboten hätte. Doch wer die Hauptverantwortlichen für das gegenwärtige Durcheinander in Europa sucht, irrt: Ab sofort müssen auch seit Jahren bestehende Internetangebote wie tagesschau.de und selbst so altmodische Dienste wie der Videotext noch mal für teuer Geld im Dreistufentest auf ihren publizistischen Sinn geprüft werden. Aber hierfür kann die EU nichts. Ihr ging es ursprünglich nur um für die Zukunft Geplantes – und auch dabei nur um große Vorhaben wie neue Digitalkanäle oder Download-Plattformen.

Doch dann kamen die für den Rundfunk zuständigen Bundesländer und machten sich mit deutscher Gründlichkeit ans Kleingedruckte, freundlich umtost von einem zweijährigen Schlagabtausch zwischen Öffentlich-Rechtlichen, Verlegern und Privatsendern. Das Ergebnis schießt nun meilenweit über die Vorgaben der EU hinaus. Und die in Brüssel ohnehin nicht sonderlich ernst genommene deutsche Medienpolitik wird angesichts dieser Meisterleistung mehr denn je belächelt.

Die Zeche aber zahlen wie immer die Zuschauer- bzw. HörerInnen: Denn die jetzt für Testverfahren und Gutachten benötigten Summen fehlen – im Programm.