Kommentar Wahlen in Afghanistan: Schlampiger Westen

Die Wiederwahl von Karzai wird den Präsidenten schwächen und die Taliban stärken. Der Westen bekommt nun die Quittung für seine laxe Vorbereitung der Wahl.

Mit jeder Bombe, die die Taliban derzeit in Afghanistan zünden, rächt sich, dass der Westen in den vergangenen Monaten eine bestenfalls laxe, wenn nicht zynische Haltung gegenüber den Präsidentschaftswahlen am Hindukusch eingenommen hat. Erst wurden sie zu spät vorbereitet, dann floss das Geld für die Mitarbeiter der Wahlkommission nicht, dann stellte man sich blind gegenüber den massiven Manipulationen bei der Wählerregistrierung und den mangelnden Sicherheitsvorkehrungen in den von Taliban bedrohten Gebieten.

Das Resultat wird sich bald zeigen. Eine geringe Wahlbeteiligung und gravierende Wahlfälschungen werden dazu führen, dass der neue Präsident keineswegs den erhofften Legitimationsschub erhält. Zumal alles dafür spricht, dass beide Faktoren Hamid Karsai in die Hände spielen - der Mann, der es in den vergangenen sieben Jahren nicht geschafft hat, Afghanistan auf einen Weg zu bringen, der zumindest einen Silberstreifen am Horizont erkennen ließe.

Stattdessen wird der Wahlsieger damit leben müssen, erst recht als Präsident von Gnaden der USA zu gelten. Ob er nun, wie offenbar in Washington geplant, einen "Aufpasser" an die Seite gestellt bekommt oder nicht. Zu befürchten ist zudem, dass das Wahlergebnis die Taliban stärkt, denn es wird den Afghanen den Eindruck vermitteln, dass Demokratie nichts bringt und bestenfalls ein Mittel ist, mit dem der Westen Politiker seiner Wahl installiert. Für Afghanistan, das Frieden so nötig hat, und für die Regierung von Barack Obama, die dringend einen Erfolg in Afghanistan braucht, ist das gleichermaßen eine Katastrophe.

Dabei hätten Wahlen, die es ernst meinen mit dem Ziel, "frei und fair" zu sein, durchaus einen Wendepunkt herbeiführen können. Doch das Ergebnis von sieben Jahren westlicher Wiederaufbauhilfe in Afghanistan ist leider: Wir können es nicht, weil wir an unsere eigenen Werte nicht glauben.

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