Kommentar Nato-Untersuchungsbericht: Aufklären vor Gericht

Ein Strafprozess wäre wahrscheinlich der beste Weg, eine dem Rechtsstaat angemessene Bewertung der Nacht zum 4. September zu bekommen.

Noch ist er geheim, der Nato-Untersuchungsbericht zu den Bomben auf Tanklaster im nordafghanischen Kundus. Doch alles, was heraussickert, weist darauf hin, dass der deutsche Oberst Klein einen furchtbaren Fehler gemacht hat, als er den Luftangriff anordnete.

Die Vermutung lautet: Um die Rücksprache mit dem Nato-Hauptquartier zu vermeiden, hat Oberst Klein den Bomberpiloten falsche Angaben über Art und Größe der Bedrohung gemacht, die von den beiden Tanklastzügen ausging. Warum er dies für nötig hielt - das bleibt dahingestellt. Möglicherweise wird es Gegenstand eines ordentlichen Gerichtsverfahrens sein.

Und obwohl die Bundeswehr alles tut, um genau das zu vermeiden, wäre ein Strafprozess wahrscheinlich der beste Weg, eine dem Rechtsstaat angemessene Bewertung der Nacht zum 4. September zu bekommen.

Es ist nachvollziehbar, dass die Bundeswehr keinen solchen Prozess erleben will. Mit Sicherheit wird schon die Möglichkeit einer Strafe in der Truppe zu immenser Frustration über einen Einsatz führen, von dem ja die wenigsten wissen, wohin er noch führen soll. Aber jetzt zu unterstellen, es könne ohnehin niemand auf einem deutschen Bürostuhl die Lage vor Ort verstehen und sich darum auch niemand ein Urteil erlauben, hieße, den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr endgültig sich selbst, also den Vorgaben der USA zu überlassen.

Es geht nicht darum, einen Soldaten an den Pranger zu stellen, der unter größtem Druck wohl versagt hat, und sich besserwisserisch über ihn zu erheben. Es geht darum zu prüfen, ob überhaupt jemand eine derartige Verantwortung wie im Gefechtsstand von Kundus tragen kann. Und diese Aufklärung braucht die Bundeswehr nicht zu scheuen.

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Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.

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