ULRIKE HERRMANN ÜBER DIE HERABSTUFUNG VON SPANIENS KREDITWÜRDIGKEIT
: Schafft die Ratingagenturen ab!

Eine Ratingagentur müsste man besitzen – da wären satte Gewinne garantiert. Die drei Branchengrößen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch kamen im vergangenen Jahr auf einen Betriebsgewinn von rund 40 Prozent ihrer Erlöse. Und risikoarm ist das Geschäft auch noch: Selbst Irrtümer werden nicht bestraft, sondern nur mit mildem Spott vergolten. So fanden es alle amüsant, dass die Ratingagenturen Dubai erst herabstuften, als längst in allen Zeitungen zu lesen war, dass es seine Kredite nicht mehr bedient. Aber Folgen hatte das keine. Den Ratingagenturen wird weiter vertraut, obwohl sie sich auch schon bei der US-Hypothekenkrise blamiert hatten.

Der neueste Einfall stammt von der Ratingagentur Fitch, die nun Spanien herabstufte – nachdem sie schon Konkurrent Standard & Poor’s die Bestnote entzogen hatte. Erstaunlich ist das Urteil nicht: Spanien steht tatsächlich vor enormen Problemen. Aber es erstaunt, dass es eine Nachricht für die Finanzmärkte ist, dass Fitch dies nun mit Verspätung entdeckt.

Die Macht der Ratingagenturen rührt nur daher, dass institutionelle Investoren wie Lebensversicherungen ihr Portfolio daran binden, welche Bewertungen die Ratingagenturen vornehmen. Dieses blinde Vertrauen in die Bonitätsnoten ist nicht etwa freiwillig, sondern von der staatlichen Finanzaufsicht vorgeschrieben.

Die EU-Regierungen haben zwar jetzt beschlossen, dass auch Ratingagenturen „beaufsichtigt“ werden sollen, doch der scharfe Blick der Beamten wird nichts daran ändern, dass die Agenturen ein staatlich garantiertes Oligopol betreiben, in dem sie risikofrei überteuerte Honorare kassieren dürfen – obwohl sie so blind sind wie der Rest des Marktes. Man könnte die Ratingagenturen auch abschaffen. Es würde gar nicht auffallen.

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