ANDREAS ZUMACH ÜBER ISRAELS HALTUNG ZUR GAZA-UNTERSUCHUNG DER UNO
: Unter dem Teppich lassen

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Die UNO-Kommission, die den tödlichen Einsatz der israelischen Marine gegen die „Gaza-Solidaritätsflottille“ untersucht, soll keine israelischen Soldaten befragen dürfen: Nur unter dieser Bedingung ist die israelische Regierung von Benjamin Netanjahu zur Kooperation bereit. Diese Bedingung widerspricht eindeutig dem vom UNO-Sicherheitsrat formulierten Mandat für die Kommission. Würde die UNO darauf eingehen, geriete die Untersuchung zur Farce.

Mit seinem Verhalten steht Israel allerdings keineswegs allein da. Fast alle Länder dieser Erde, nicht nur die viel gescholtene USA, haben fragwürdiges Verhalten oder gar potenzielle Kriegsverbrechen der eigenen Streitkräfte bislang fast immer nur im eigenen nationalen Rahmen sowie in zumeist intransparenten und rechtsstaatlich unzureichenden Verfahren untersuchen lassen – wenn überhaupt. Die meisten solcher Vorfälle wurden und werden, allen hochheiligen Versprechen völliger Aufklärung zum Trotz, unter den Teppich gekehrt.

Wie das funktioniert, haben in den letzten Jahren etwa die Nato-Staaten in Afghanistan oder Russland in Tschetschenien demonstriert. Seit 1945 gibt es keine Handvoll Fälle, in denen eine Regierung die Befragung eigener Soldaten durch eine internationale Untersuchungskommission – sei es mit oder ohne UN-Mandat – zuließ. Lediglich vor den vom UNO-Sicherheitsrat seit Anfang der 90er Jahre eingerichteten und mit zumindest einigen Zwangsmitteln ausgestatteten Sondertribunalen zu Jugoslawien, Ruanda, Kambodscha sowie seit 2002 vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag konnten bislang einige – zumeist rangniedrige Soldaten – vernommen und verurteilt werden. Bleibt die Regierung Netanjahu bei ihrer Bedingung, könnte theoretisch auch Den Haag ein Verfahren einleiten und israelische Soldaten vernehmen.