STEFAN REINECKE ÜBER DIE SPD ALS JUNIORPARTNER DER GRÜNEN
: Das Volksparteile

Die SPD in Baden-Württemberg will auch als Juniorpartner der Grünen regieren. Das ist vernünftig, genau genommen zwingend. Denn wenn die SPD mit der Parole „Rot-Grün, aber nur wenn wir den Ministerpräsidenten stellen“ in den Wahlkampf ziehen würde, würde sie ihre ohnehin schmale Anhängerschaft zielsicher noch weiter reduzieren. Denn damit wäre die SPD faktisch zum Mehrheitsbeschafffer der CDU geworden. Rettet Mappus, wählt SPD! Auch eher schwerfälligen Genossen muss einleuchten, dass sich mit dieser Aussicht kaum die Massen gewinnen lassen.

Kurzum: Die SPD in Stuttgart tut etwas Selbstverständliches. Sie erkennt an, was der Fall ist. Nicht besonders spektakulär. Allerdings gibt es noch eine andere Lesart dieses Signals. Es ist ein Symbol für die Verwandlung der SPD von einer klassischen Volkspartei in etwas Neues, für das es noch nicht mal einen Namen gibt. Bislang versteht sich die SPD als großes Haus für Arbeiter und Unternehmer, Religiöse und Atheisten, urbane Mittelschicht und Prekariat. Die SPD, so ihr Selbstbild, repräsentiert das Gemeinwohl, während Grüne, Linkspartei und FDP bloß Minderheitsinteressen vertreten. Entsprechen arrogant hat sich die SPD in der Vergangenheit in Koalitionen aufgeführt.

Die klassischen Volksparteien sind Auslaufmodelle. Sie verschwinden nicht mit einem Knall, aber sie schrumpfen unweigerlich. Die SPD in Stuttgart zeigt, dass sie diese Verwandlung lieber flexibel managt, anstatt starr am Gestern festzuhalten und so den Untergang erst recht zu beschleunigen. Nur im Osten klammert sich die SPD weiter an das Dogma, dort nie einen Linkspartei-Ministerpräsidenten zu wählen. Klug ist das nicht. Eher selbstzerstörerisch.

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