Kommentar Österreich und Ausländer: Rassismus lässt Wirtschaft bluten

Österreich setzt nun bei der Einwanderung auf ein Punktesystem: Gut Qualifizierte sollen rein, der "Analphabet aus dem Bergdorf" raus. Schikanen warten auf alle.

Österreichs Innenministerin Maria Fekter von der ÖVP ist berüchtigt für ihre deftige Ausdrucksweise: Man behandle den "unqualifizierten Analphabeten aus einem Bergdorf" genauso wie einen "hochqualifizierten Diplomingenieur", beschrieb sie vergangenen Sommer die unerwünschten Folgen des unter ihrer Ägide mehrmals verschärften Fremdenrechts.

Die ihrer Partei nahe stehende Industriellenvereinigung klagt schon lange darüber, dass sich Österreich im Ausland den Ruf der Fremdenfeindlichkeit erworben hat. Ausländische Ingenieure, Facharbeiter und Wissenschaftler machen inzwischen einen großen Bogen um das Alpenland, wo selbst auf Hochqualifizierte jede Menge von Schikanen warten.

Die jetzt beschlossene Rot-Weiß-Rot-Card, eine Art Zuwanderungspapier nach Punktesystem, soll da Abhilfe schaffen und Leute anlocken, die man brauchen kann: Jung, gebildet und flexibel sollen sie sein. Gleichzeitig werden die Hürden für die "Analphabeten aus einem Bergdorf" weiter hochgezogen. Für sie wurde das Kriterium der Deutschkenntnisse vor Einreise geschaffen. Da sich im anatolischen Bergdorf sicher kein Goethe-Institut findet, lässt sich auf diese Weise der Nachzug von Familienangehörigen bereits ansässiger Ausländer abblocken.

Doch selbst, wenn diese Regierung schon allein aus Opportunismus Weltoffenheit demonstrieren möchte, sie bleibt kleingeistig und provinziell. Fachleute sollen willkommen sein, ihre Ehepartner sind es aber nur mehr bedingt. Denn die sollen keinen Anspruch auf Arbeitsgenehmigung haben. Bei der regelmäßigen Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung wird geprüft, ob der Bedarf noch immer besteht. So werden Leute, die es sich aussuchen können, Österreich weiterhin meiden, denn sie finden in den USA oder in England bessere Bedingungen vor.

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*1955 in Wien; † 21. Mai 2023, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reiste er regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.

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