DIE STIMMEN DER ANDEREN
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■ Le Figaro (Frankreich)

G 8: Kaum Hilfe für Arabien

Seit zwei Monaten wird gegen das Regime Gaddafis Krieg geführt, und in Syrien wird die Bevölkerung brutal unterdrückt. Tunesien und Ägypten bleiben die zwei Versuchslabore, wo das Experiment gelingen sollte, wenn man die allgemeine Bewegung retten will. Eine Niederlage des laufenden Demokratisierungsprozesses wäre eine Katastrophe für das strategische Gleichgewicht. Die Bedrohung durch den Terrorismus und der Druck der Migration würden zunehmen. Die in Deauville versammelten Großmächte kommen alle zum gleichen Schluss. Die Verteidigung ihrer Wertvorstellungen stimmt in diesem Fall mit der Wahrung ihrer Interessen überein. Allerdings muss man diesen Wertvorstellungen erst einmal zum Sieg verhelfen. Dazu behält der schon totgesagte G 8 seine Existenzberechtigung. […] Die G-8-Gruppe allein kann nicht alle Probleme lösen. Die Schuldenkrise, die Europa und die USA belastet, zeigt, dass die Mittel immer knapper werden. Die Länder des Arabischen Frühlings müssen sich dessen sehr rasch bewusst werden. Alle Hilfe, die ihnen zuteil werden könnte, wird nicht genügen, um das Vertrauen wiederherzustellen, die Korruption auszurotten und sie in eine regionale Wirtschaft zu integrieren, die mit der Globalisierung einhergeht. Das Treffen von Deauville kann die Richtung vorgeben. Daran werden sich die Länder dann halten müssen.

■ Gazeta Wyborcza (Polen)

Wie Mldadic Europa stärkt

Mladic hat sich jahrelang vor der internationalen Justiz versteckt und eine Integration Serbiens in die EU verhindert. Mladic’ Verhaftung bedeutet, dass die Tür der Europäischen Union für Serbien wahrscheinlich geöffnet wird. Der Verbrecher wurde verhaftet. Das ist ein sehr wichtiges Signal, dass es Gerechtigkeit gibt, obwohl sie langsam ist. Es ist zudem für Europa wichtig, zu wissen, dass Gemeinheit und Niederträchtigkeit bestraft werden. Ein Prozess gegen Mladic wird zeigen, dass Mord und Folter keine innere Angelegenheiten eines Staates sind und dass deren Verurteilung international gilt. Das ist der unveräußerliche Sinn der europäischen Identität. Mladic war eine Negation dieser Identität.“

■ de Volkskrant (Niederlande)

Druck auf Serbien war richtig

Mladic war sich der Rückendeckung durch hohe Militärs sicher. Die Regierung von Boris Tadic konnte oder wollte seine Festnahme lange nicht durchsetzen. […] Die Niederlande haben eine aktive Rolle gespielt, indem sie andauernd eine bessere Kooperation Serbiens mit dem Jugoslawien-Tribunal forderten und zugleich Verhandlungen mit Belgrad über eine EU-Aufnahme davon abhängig machten. Dafür waren europäische Partner Den Haag nicht gerade dankbar, aber im Rückblick darf man sagen, dass dies der richtige Kurs war.

■ Sme (Slowakei)

Wer deckte Mladic?

Schwer zu glauben, dass sich Mladic so lange zu Hause verstecken konnte, ohne von höchsten oder zumindest sehr hohen Verantwortlichen gedeckt worden zu sein. Deshalb ist es strittig, wenn jetzt von einem Beweis des eindeutigen Willens Serbiens gesprochen wird, nicht nur mit dem Haager Tribunal zusammenzuarbeiten, sondern auch die Werte durchzusetzen, auf denen die Europäische Union basiert. Auffallend ist die zeitliche Nähe zum Besuch der EU-Chefdiplomatin Ashton in Belgrad und zur jüngsten Versicherung der Niederlande, dass man ein Veto gegen die EU-Mitgliedschaft Serbiens einlegen wird, wenn nicht die Kriegsverbrecher ausgeliefert werden.

■ Jungle World (Kreuzberg)

Kapitalismus geht gar nicht

Nina Power sagt im Interview: Mir scheint, dass sich überall auf der Welt die Erkenntnis durchzusetzen beginnt, dass das System der Belohnungen, die der Kapitalismus anbietet – der Konsumismus und das Eigentum – einfach nicht funktioniert. Entweder du kriegst die Belohnung überhaupt nicht, weil du zu wenig Geld hast, oder du willst sie nicht, weil sie dich persönlich nicht oder nicht mehr befriedigt, weil sie eben nicht hinreichend ist für ein gehaltvolles Leben. Die Spaltung zwischen der herrschenden Klasse und den anderen wird immer deutlicher und immer weniger tolerierbar.