Kommentar Krise in Griechenland: Das Hoffen auf Papandreou

Die griechische Protestbewegung hat keine Vorstellungen entwickelt, wie das Land reformiert werden kann. Besonders die konservative Opposition war ein Totalausfall.

Selbst wohlmeinenden Deutschen reißt inzwischen der Geduldsfaden: "Europa gibt Milliarden - und was machen die Griechen? Sie streiken schon wieder!" Diesen genervten Beobachtern stößt vor allem auf, dass die griechischen Demonstranten keinerlei konstruktive Vorschläge entwickeln.

Die Gewerkschaften und "Empörten" sind gegen die Sparpakete der Regierung Papandreou - aber eine eigene Lösung haben sie nicht anzubieten. Stattdessen richten sie sich in ihrer Rolle als Opfer ein.

An dieser Tirade ist zumindest richtig, dass die griechische Protestbewegung bisher keine Vorstellungen entwickelt hat, wie das Land zu reformieren ist. Es herrscht allgemeine Sprachlosigkeit.

Trotzdem wäre es unfair, diese Armut an Ideen den Demonstranten anzulasten. Denn bisher wurden sie von der Politik allein gelassen. Vor allem die konservative Opposition war ein Totalausfall. Sie benahm sich im griechischen Parlament, als hätte sie die Sitzblockade neu erfunden.

Von den Konservativen kam nicht ein einziger konstruktiver Vorschlag. Stattdessen schalteten sie auf Obstruktion, obwohl sie unter ihrem Ex-Premier Karamanlis einen großen Teil jener Kredite aufgenommen haben, die Griechenland nun in die Pleite treiben.

Die griechische Gesellschaft droht zu zerfallen und vom gegenseitigen Misstrauen zerfressen zu werden. Daher wäre es klug, wenn Papandreou seinen Rücktritt anbietet, um eine Regierung der nationalen Einheit zu erzwingen.

Sollte tatsächlich eine Allparteienregierung zustande kommen, wird sie allerdings vor einem Problem stehen, das auch die Demonstranten außerhalb des Parlaments so sprachlos macht: Griechenland ist wirklich pleite. Da helfen auch keine Sparprogramme.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.