Kommentar zum AKW-Bau in Litauen: Atomstrom als Exportschlager

Ein AKW-Neubau ist in Litauen für die Energieversorgung nicht notwendig. Es lockt die Möglichkeit des Stromexports. Deutschland sollte sich davon unabhängig machen.

Wie man mit der Hinterlassenschaft des ersten "Atomzeitalters" des Landes, den sowjetischen Reaktoren des Tschernobyl-Typs, umgehen soll - das weiß man in Litauen bis heute nicht wirklich. Als Industriedenkmal steht das AKW Ignalina auf der Wiese, muss ständig bemannt sein, die Sicherheitssysteme müssen weiterlaufen, und weder für die Brennelemente noch für den Reaktorschrott gibt es ein Zwischen- oder gar Endlager. Seis drum, meint man in Vilnius, wird sich schon irgendwie regeln, stürzen wir uns einfach ins nächste Nuklearabenteuer!

Für die Energieversorgung des Landes ist ein AKW-Neubau trotz aller gegenteiligen Beteuerungen keinesfalls notwendig. Die funktionierte auch seit der Abschaltung des letzten Ignalina-Reaktors vor eineinhalb Jahren ohne Probleme. Nein, es lockt die Möglichkeit des Stromexports. Der war schon zu Ignalina-Zeiten ein prächtiges Geschäft - und warum das nicht einfach noch mal wiederholen?

Das nahezu vollständige Fehlen einer Antiatombewegung und Politiker, die Risiken und Folgen ebenso zu kümmern scheinen wie das Fanal von Fukushima, sind für die Atomlobby ein seltener Glücksfall.

Die litauischen Pläne haben mit dem deutschen Atomausstieg nichts zu tun - sie waren schon lange vor der Merkel-Wende in der Pipeline. Doch sind diese Pläne angesichts des potenziellen Abnehmers Deutschland erst interessant geworden. Wenn die konkurrierenden Reaktoren, die in Kaliningrad schon im Bau und in Weißrussland geplant sind, nicht früher den Markt besetzen und Litauen das Geschäft versalzen.

Da hilft es nur, Vilnius, Minsk und Moskau gemeinsam die Kalkulation zu vermasseln. Die Energiewende wird nur perfekt, wenn Deutschland sich so schnell wie möglich von Stromimporten unabhängig macht.

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Lebt in Schweden, schreibt seit 1985 für die taz.

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