Kommentar Deutsche Bank: Allmächtige Investmentbanker

Das inzestuöse Kontrollverhältnis zwischen Ackermann und Jain muss jeden Steuerzahler alarmieren. Denn der Staat wird zahlen, falls es zu gravierenden Verlusten kommt.

Wem gehört die Deutsche Bank? Diese Frage ist nicht trivial, denn sie lässt sich nicht beantworten. Selbst die Bank weiß nur, dass sich ihre Aktien in "Streubesitz" befinden. Doch an Gerüchten fehlt es nicht. In den Medien kursiert die Vermutung, dass sich die Deutsche Bank zum Teil selbst gehört: Die Investmentbanker in London würden ungefähr zwanzig Prozent des Grundkapitals halten, weil ihre Boni teils aus Aktien bestehen.

Es wäre tatsächlich eine Pointe, wenn die Investmentbanker nicht nur Angestellte, sondern mächtige Eigentümer der Deutschen Bank wären. Damit würde sich symbolhaft verdichten, was längst Realität ist: Die Investmentbanker bestimmen den Kurs des Instituts. Sie steuern bis zu 80 Prozent der Gewinne bei, und sie setzten jetzt auch ihren Chef Anshu Jain als neuen Vorstandsvorsitzenden durch.

Allerdings gibt es auch Gegenbewegungen: Seit der Finanzkrise grassiert selbst bei der Deutschen Bank die Einsicht, dass die Investmentbanker stärker kontrolliert werden müssen. Bloß wie? Die Macht der Investmentbanker rührt ja auch daher, dass außer ihnen fast niemand die vielen tausend Derivat-Typen versteht, mit denen aktuell gehandelt wird.

Investmentbanker können nur von ihren Kollegen kontrolliert werden, weswegen die Deutsche Bank auf eine eher bizarre Lösung verfallen ist: Da ihr jetziger Chef Josef Ackermann einst ebenfalls Investmentbanker war, soll er in den Aufsichtsrat wechseln, um von dort aus Jain zu überwachen.

Dafür nimmt die Bank sogar in Kauf, dass sie dem neuen Corporate-Governance-Kodex zuwiderhandelt, der eine Karenzzeit von zwei Jahren vorsieht, bevor ehemalige Vorstände im Aufsichtsrat sitzen dürfen.

Das inzestuöse Kontrollverhältnis zwischen Ackermann und Jain muss jeden Steuerzahler alarmieren. Denn der Staat, nicht die Bank, wird die Verluste tragen, falls es im Investmentbanking zu gravierenden Verlusten kommt.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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