Kommentar Fünf-Prozent-Klausel: Nützlich für FDP und Linke

Die Abschaffung der Fünf-Prozent-Hürde bei den Europawahlen ist richtig. Auch bei der Bundestagswahl sollte sie fallen, denn sie verzerrt den Wählerwillen.

Die Fünfprozentklausel war schon immer ein Ärgernis. Sie verzerrt den Wählerwillen, weil kleine Parteien völlig leer ausgehen, auch wenn ihnen rechnerisch einige Mandate zustünden. Außerdem manipuliert die Sperrklausel die Wahlentscheidung. Wer strategisch denkt, gibt seine Stimme in der Regel gleich einer Partei, bei der sie am Ende auch sicher eine Rolle spielt.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Fünfprozentklausel jetzt bei Europawahlen für überflüssig und damit verfassungswidrig erklärt. Damit ist sie aber für Bundes- und Landtagswahlen noch nicht vom Tisch. Hierüber ist neu zu diskutieren.

Immerhin hat die Fünfprozenthürde in letzter Zeit schon einen Teil ihrer abschreckenden Wirkung verloren. Weil die etablierten Parteien rapide an Bindungswirkung verlieren, können neue Parteien wie die Piraten fast aus dem Stand sehr schnell ein großes Gewicht bekommen. Umfrageergebnisse und Medienhype ermöglichen auch einer neuen Partei sicher den Sprung über die Fünfprozenthürde – wenn sie den Nerv der Zeit trifft.

Umgekehrt könnte eine Absenkung der Sperrklausel derzeit eher etablierten Parteien wie der FDP und bald vielleicht auch der Linken nützen. Das sind politische Kräfte, die in den nächsten Jahrzehnten vermutlich nicht von der politischen Bildfläche verschwinden, zurzeit aber eine Durststrecke überwinden müssen, vor allem aufgrund schwacher Führungspersonen.

Anders als bisher gedacht stünde eine Milderung der Sperrklausel also nicht nur für mehr Offenheit und Differenzierung, sondern auch für Kontinuität. Sinnvoll wäre demnach eine Absenkung der Hürde auf zwei oder drei Prozent, um nur ganz kleine Splitterparteien auszuschließen. Freiwillig werden Union, SPD und Co diesen Weg aber kaum gehen.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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