Kommentar FDP-Basisentscheid: Ein Sieg mit Pferdefüßen

Der Sieg ist ein vergifteter. Selbst wenn der Basis-Entscheid formal am Quorum scheitert, wird die FDP weiter unter der europäischen Krise leiden. Sie bleibt tief gespalten.

Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler hat sich mit seinem voreiligen Triumphgeschrei keinen Gefallen getan. Zwar stimmt seine Analyse, dass der gegen den Eurorettungskurs der Regierung gerichtete Mitgliederentscheid in der FDP das Quorum wohl nicht erreicht hat - womit sich die Parteispitze um den Vorsitzenden gegen die sogenannten Euro-Rebellen durchgesetzt hätte.

Doch es ist schlechter Stil, diesen Sieg Tage vor dem endgültigen Ergebnis zu proklamieren. Röslers Vorpreschen zeigt, wie nervös der FDP-Chef angesichts der Basisrevolte ist und wie bedrohlich sie für seine politische Zukunft ist.

Dabei ist der Sieg ein vergifteter. Selbst wenn der Entscheid formal am Quorum scheitert, wird die FDP weiter unter der europäischen Krise leiden wie keine andere Partei. Denn sie ist tief gespalten. Die Eurokritiker um den Abgeordneten Frank Schäffler bekamen riesigen Zuspruch. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Mehrheit der abgegebenen Stimmen gegen dauerhafte Rettungsinstrumente ist.

Für Rösler ist das eine gefährliche Situation. Er hat sich auf einen staats- und Europa tragenden Kurs festgelegt, muss aber ein tiefes Unbehagen moderieren. Ob er dafür geschickt und souverän genug ist, ist offen. Ohne Not hat der FDP-Chef jetzt die Kritiker, die er eigentlich integrieren müsste, provoziert.

Wenig hilfreich ist dabei, dass sein Generalsekretär Christian Lindner den Kontrahenten Schäffler persönlich angreift. Rösler wie Lindner wären klug beraten gewesen, abzuwarten, leise zu genießen und ausgleichend aufzutreten.

Auch mit Blick auf die Bundestagswahl 2013 steckt Rösler in einer Zwickmühle. Er kann nach diesem Entscheid nicht mehr auf europaskeptischen Populismus umschwenken, um seine Partei über die 5-Prozent-Hürde zu hieven. Stattdessen wird er gezwungen sein, in der Europapolitik einen Wahlkampf gegen große Teile seiner eigenen Basis zu machen. Das ist gut für Europa - aber schlecht für die Wahlaussichten der FDP.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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