RUDOLF BALMER ÜBER DEN FAUXPAS DES EXHAUSHALTSMINISTERS IN PARIS
: Gelogen und betrogen

Cahuzac hat nicht nur gelogen, sondern das Vertrauen der gesamten Staatsführung missbraucht

Ausgerechnet der Haushaltsminister, der den Kampf gegen die Steuerflucht leiten sollte, hat selbst Ersparnisse auf einem Schweizer Konto ins Trockene gebracht. Jetzt steht er im Regen, und all seine gutgläubigen Regierungskollegen und Parteifreunde mit ihm. Was vor zwanzig Jahren, als Jérôme Cahuzac – wie so viele betuchte Franzosen – in aller Diskretion ein Konto bei der UBS in Genf eröffnete, als Kavaliersdelikt galt, geht so heute nicht mehr.

Das hätte niemand besser wissen müssen als Cahuzac selbst. Dass er trotzdem die Ernennung zum obersten Jäger der Steuerbetrüger annahm, war ein verhängnisvoller Fehler. Dass er anschließend, als die Online-Journalisten von Mediapart die mutmaßliche Existenz seines UBS-Kontos enthüllten, erst alles leugnete und vor Parlament, vor Kameras und seinen Vorgesetzten gegenüber dementierte, je ein Bankguthaben im Ausland besessen zu haben, macht aus diesem banalen Fall von Steuerbetrug eine Staatsaffäre mit fatalen Folgen.

Cahuzac hat nicht nur faustdick gelogen, sondern das Vertrauen der gesamten Staatsführung missbraucht. Seine Freunde und Partner hat Cahuzac in sein Lügengebilde hineingezogen, von dem er jetzt zerknirscht und reumütig spricht. Er hat das Ansehen der Politik in den Augen der ohnehin mehr als skeptischen Bürger weiter diskreditiert. Die Populisten, die schon immer sagten, alle anderen seien korrupt, können ihr Glück kaum fassen.

Trotz dieser Beschädigung der Regierung Hollande wäre es kurzsichtig, aus dem Skandal parteipolitisches Kapital schlagen zu wollen. Die oppositionelle UMP hat dank der Ermittlungen gegen Expräsident Sarkozy und anderer Affären mit sich selbst genug zu tun. Es geht insgesamt um die Glaubwürdigkeit eines politischen Systems insgesamt.

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