LIEBESERKLÄRUNG
: Hochstapler

ENDLICH GUTE NACHRICHTEN VOM HAUPTSTADTFLUGHAFEN: LAIEN MACHEN ES AUCH NICHT SCHLECHTER ALS DIE „PROFIS“

Die Meldungen zur Berliner Flughafenruine BER klingen nur noch wie Comedy. Jetzt hat sich herausgestellt, dass der Planer der berüchtigten Entrauchungsanlage gar kein Ingenieur war, sondern nur Technischer Zeichner. Überall fassungsloses Kopfschütteln.

Dabei ist das die vielleicht einzig gute Nachricht vom BER. Die Entrauchungsanlage ist dermaßen kompliziert, dass reihenweise hoch dekorierte Fachleute in den letzten zwei Jahren nicht in der Lage waren, das Ding zu begreifen, geschweige denn fertigzustellen. Und so etwas hat sich ein Laie ausgedacht! Inzwischen hat sich die Einsicht verbreitet, dass sie wohl nur fertigzustellen gewesen wäre, hätte man damals im ersten Schock die ursprünglich Verantwortlichen nicht gleich gefeuert.

Dieser Achtungserfolg des ambitionierten Amateurs erlaubt gleich zwei Erkenntnisse. Erstens: Kreativität, Selbstvertrauen und Leidenschaft sind wichtiger als Titel. Sonst wäre dem Mann kaum ein derart komplexes Großprojekt immerhin ja recht weitgehend gelungen. Das unterscheidet ihn etwa von Wowereit, der zwar formal korrekt, aber ahnungs- wie lustlos am Flughafen herummurkste. Zweitens wird die deutsche Titelfixiertheit einmal mehr offengelegt. Nur am Rande sei an Guttenberg, Schavan, Scheurer erinnert. In einer bürgerlich verkasteten Gesellschaft, wo jede Durchlässigkeit schon im Schulsystem systematisch verhindert wird, ist realistisch betrachtet der Hochstapler der Einzige, der den uralten Traum am Leben hält, dass jeder Dank seiner Fähigkeiten und seines Willens etwas erreichen kann. Und schließlich befindet sich der Mann in bester Gesellschaft. Charles Darwin war Studienabbrecher. Angela Merkel ist Physikerin, keine Politikwissenschaftlerin. Und was glauben Sie wohl, was ich mal gelernt habe? Also! Ein Hoch auf die Hochstapler! HEIKO WERNING