Die Unterwerfung

Stellen Sie sich vor, morgen würde taz-Chefredakteurin Ines Pohl eine tägliche Sonderseite ankündigen, um für den EU-Beitritt der Ukraine zu werben. Und zwar so: „Wir sind leider schnell und erfahren darin, gegen etwas zu sein. Lassen Sie uns ausnahmsweise für etwas sein: für den EU-Beitritt der Ukraine! Die taz wird noch in dieser Woche eine tägliche Seite zum Thema EU-Beitritt der Ukraine einführen, um allen Leserinnen und Lesern zu sagen, was Europa davon hätte. Der EU-Beitritt würde Europa, das an so vielen Ecken auseinanderzubröseln droht, endlich hinter einer Idee versammeln. Er würde Europa einen neuen Geist geben.“ Die Pegida-Anhänger mit ihrem Geschrei von der „Lügenpresse“ würden toben, KollegInnen uns für durchgeknallt halten, die taz-Redaktion sich zerlegen. Und zwar zu Recht. Wer Journalismus mit PR verwechselt, hat den Beruf verfehlt.

Natürlich würde die taz-Chefin niemals eine solche Rede halten. Im Gegensatz zu Lars Haider (Foto), dem Chefredakteur des Hamburger Abendblatts. Man muss nur „EU-Beitritt der Ukraine“ durch „Olympia“ und „Europa“ durch „Hamburg“ ersetzen – und schon hat man die Haider-Rede vom Neujahrsempfang seines Blättchens. „Olympia würde den Wohnungsbau voranbringen, die Entwicklung neuer Stadtteile beschleunigen, die Bekanntheit Hamburgs in der ganzen Welt dramatisch erhöhen“, verkündete Haider.

Olympia, heißt es seit dem Scheitern der Münchner Bewerbung um die Winterspiele 2022, könne nur noch in autoritären Staaten wie Russland und China stattfinden, weil in Demokratien sofort eine Diskussion über die Kosten stattfände. Das ist offenkundig falsch. In Hamburg hat sich das Abendblatt schon einmal selbst überflüssig gemacht, um dem IOC nicht im Weg zu stehen. MARTIN REEH