Das Wasser von Irland

Der Applaus war gewaltig, als Brendan Young (Foto) in der Fernsehsendung „Vincent Browne“ zum Boykott der Wassergebühren aufrief. Vincent Browne ist der irische Günther Jauch, aber weitaus intelligenter. Die Sendung zählt zu den beliebtesten politischen Programmen der Grünen Insel.

Young, 60, ist Bezirksverordneter in Celbridge, einem Vorort Dublins. Früher arbeitete er als Monteur, dann nahm er ein Pädagogikstudium auf und unterrichtete zwei Jahre lang an einer Grundschule. Politisch engagiert hatte er sich schon vorher. In Celbridge kandidierte er für die linke Gruppe Community Solidarity, sie kämpft gegen die Austeritätspolitik der Regierung und die Inbesitznahme von Häusern durch Banken, wenn die Besitzer mit den Hypotheken in Rückstand geraten sind.

Das wichtigste Thema in Irland sind derzeit die Wassergebühren. Sie wurden bislang durch Steuergelder finanziert, gehören aber zu den Sparmaßnahmen, zu denen sich die Regierung im Gegenzug für die Finanzhilfe der Troika verpflichten musste. Es war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Hatten die Iren die sieben Sparhaushalte zähneknirschend hingenommen, so entlädt sich die aufgestaute Wut nun gegen diese Gebühren. Im Herbst gingen 120.000 Menschen auf die Straße, im vorigen Monat waren es in Dublin 60.000 – bei vier Millionen Einwohnern. Am heutigen Samstag findet die nächste Demonstration statt.

Die Regierung musste Konzessionen machen, doch Young und andere wollen die Gebühren durch den Boykott gänzlich zu Fall bringen. Bei den Wahlen im nächsten Jahr will Young für einen Parlamentssitz kandidieren. Seine Chancen stehen auch dank des Auftritts bei Vincent Browne mehr als gut. RALF SOTSCHECK