Licht am Horizont

Hamburg erwägt erstmals Bleiberecht für Afghanen. Experten fordern, Abschiebestopp zu verlängern

HAMBURG taz ■ Im Norden mehren sich die Stimmen, einem Teil der afghanischen Flüchtlinge ein sicheres Aufenthaltsrechts zu gewähren. Nachdem das rot-grün regierte Schleswig-Holstein bereits im Januar einen Vorschlag für verbindliche Aufenthaltsregelungen gemacht hat, signalisiert jetzt auch Hamburg als bundesweite Hochburg der Afghanen Gesprächsbereitschaft über ein Bleiberecht.

Dies berichtete Norbert Scharbach, Leiter der Ausländerabteilung im Kieler Innenministerium, auf einem Podium von Diakonie und Uni zum Thema Bleiberecht am Montagabend in Hamburg. Scharbach berief sich auf eine Vorkonferenz zum Innenministertreffen nächste Woche in Kiel, wo über Abschiebungen nach Afghanistan verhandeln wird. Wie die meisten Bundesländer strebtBundesinnenminister Otto Schily (SPD) einen „baldmöglichsten Rückführungsbeginn“ an, ohne erst ein Bleiberecht einzurichten.

Auf Nachfrage bekundete der Hamburger CDU-Senat jetzt erstmals, „über ein Bleiberecht reden zu wollen. Dieses muss allerdings zugleich mit einem Rückführungsbeginn verbunden werden.“ Kiel will hingegen zuerst verbindliche Aufenthaltsregelungen installieren.

Der Kieler Bleiberechtsvorstoß geht Flüchtlingshelfern indes gar nicht weit genug, da er einen Großteil der rund 50.000 hier lebenden Afghanen vernachlässige. Demnach dürften nämlich nur jene bleiben, die einen festen Job haben. Durchs Netz fielen Tausende, die nur den mit einem Arbeitsverbot belegten Duldungsstatus haben.

Niedersachsens schwarz-gelbe Regierung erklärte gestern, sie teile Hamburgs Position. „Damit die Betroffenen wissen, wer bleiben darf, muss ein Rückführungsbeginn an ein Bleiberecht gebunden werden“, sagte ein Ministeriumssprecher. Auch Bremen versicherte, sich einem Bleiberecht „nicht zu verschließen, nachdem ein Rückführungsabkommen geschlossen ist“. Hamburg erneuerte seine Ankündigung, allein stehende junge Männer abzuschieben, „sobald es die Sicherheitslage in Afghanistan erlaubt“.

Wie Experten auf dem Podium warnten, leben die Bewohner Afghanistans aber weiterhin in Gefahr für Leib und Leben. Sie beriefen sich auf den Lagebericht des Auswärtigen Amts, wonach sich die Sicherheitslage in dem kriegszerstörten Land erneut verschlechtert hat. Es mangele an Nahrung und Medikamenten, zudem sei das Land vermint und außerhalb der Hauptstadt Kabul „sehr gefährlich“, sagte Stefan Berglund, Vertreter des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) in Deutschland. Auch sei die Menschenrechtslage „prekär“. Das UNHCR appelliere darum an die Innenminister, „Afganen nicht gegen ihren Willen zurückzuverfrachten“.

In Deutschland leben rund 50.000 Afghanen, davon geschätzte 17.000 allein in Hamburg. EVA WEIKERT