Friedlicher Advent an der Kieler Förde

Vor der Sitzung des Koalitionsausschusses wollen CDU und SPD in Schleswig-Holstein das Regierungsbündnis nicht weiter gefährden. Gezündelt allerdings wird weiterhin. SPD-Chef Stegner gibt sich ungewohnt treuherzig

Schleswig-Holsteins SPD-Parteichef und Innenminister Ralf Stegner hat sich ausdrücklich zum Fortbestand der Koalition mit der CDU bekannt. Die SPD plane kein Ausstiegsszenario, sagte Stegner gestern in Kiel. „Klar ist aber auch: Man kann nur zusammen regieren, wenn beide Seiten es wollen – die SPD will das.“ Er gehe weiter davon aus, dass Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) die Regierung zu Ende führen wolle. Es gebe aber auch andere in der Union: „Wer da die Oberhand behält, das weiß ich nicht.“

Erst gestern hatte CDU-Wirtschaftsminister Dietrich Austermann für Verärgerung in der SPD gesorgt. Austermann hatte sich lobend über den nach Zwischenfällen abgeschalteten Atommeiler Brunsbüttel geäußert (taz berichtete). Das Atomkraftwerk sei „funktionstüchtig“, so Austermann, und werde die neue Betriebserlaubnis „in den kommenden Wochen“ erhalten.

Damit brüskierte er die für die Atomaufsicht zuständige Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD). Die erklärte umgehend, das AKW erst wieder ans Netz zu lassen, „wenn die Voraussetzungen für einen sicheren Betrieb gegeben“ seien. In ihrem Ministerium, so Trauernicht, habe Sicherheit Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen.

Zuversichtlich zeigte sich Stegner, dass der Koalitionsausschuss in der nächsten Woche die offenen Fragen zwischen CDU und SPD klären wird. Dabei geht es um die Finanzierung der Schulbuskosten sowie um die geplante Reform der Verwaltungs- und Kreisstrukturen. Seine Partei gehe in den Koalitionsausschuss mit dem Ziel, zu einer Einigung zu kommen. „Und die Chancen sind auch gut.“

Auf einem CDU-Parteitag am 24. November hatte auch Carstensen Stegner ungewöhnlich scharf angegriffen, obwohl dieser in einem Monat aus dem Kabinett ausscheiden wird. Nach früheren heftigen Krächen in der großen Koalition, die meist Stegner provoziert hatte, sowie dessen Wahl zum SPD-Parteichef war dieser Wechsel vereinbart worden. Stegner will sich außerhalb der Kabinettsdisziplin auf seine Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 2010 vorbereiten.

Bis dahin sollte die Große Koalition halten, findet Stegner. Dann könnten die Wähler nach fünf Jahren fair darüber abstimmen, was sie von der Gesamtbilanz des Regierungsbündnisses halten. Er hoffe, dass Carstensens Angriffe auf ihn ein Ausrutscher gewesen seien, sagte Stegner: „Ich will das einfach mal im adventlichen Frieden so unterstellen.“ SVEN-MICHAEL VEIT