Analog ist ausgezählt

In Niedersachsen erprobt der Energieversorger SVO eine neue Generation von digitalen Verbrauchszählern. Bei 575 Kunden lässt sich so der Strom-, Gas- und Wasserverbrauch detailliert auswerten. Verbraucherschützer freuen sich

Schwarz lackiert und klobig hängt er in der Hausverteilung: der Drehscheibenzähler, der den elektrischen Strom misst. Generationen von Verbrauchern kennen den Kasten, denn verändert hat er sich über Jahrzehnte nicht. Einen geradezu futuristischen Eindruck macht dagegen der Zählerschrank im Hausflur von Rüdiger Nürge aus Celle. Der Stromzähler des Rentners ist weiß und hat eine Digitalanzeige. „Ich verbrauche im Moment etwa ein Kilowatt“, sagt Nürge mit Blick auf das Display. Dann schaltet der 63-Jährige eine Lampe im Flur aus – sofort kann er den entsprechend geringeren Verbrauch auf dem Gerät ablesen. Seine Stereoanlage hat Nürge bereits als „Stromfresser“ ausfindig gemacht.

Rüdiger Nürge ist Teilnehmer des Pilotprojekts „smart metering“ seines Energieversorgers SVO. Die SVO hat bei 575 Kunden – ob diese wollten oder nicht – nicht nur die analogen Strom-, sondern auch die Gas- und Wasserzähler gegen digitale Zähler ausgetauscht.

Für den Kunden ist vor allem ein Vorteil offenkundig. „Er braucht beim Ableseprozess nicht mehr zuhause zu sein“, sagt SVO-Sprecher Ralf Horst. Denn die digitalen Messdaten werden über das Stromnetz direkt zum Anbieter gefunkt, was nicht zuletzt auch dem Versorger erheblichen Aufwand erspart. Und das bei allen drei Verbrauchsarten: Gas- und Wasserzähler sind mit dem Stromzähler per Kabel vernetzt.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen begrüßt das Projekt. Mit den „intelligenten Zählern“ könne der Kunde sehr viel besser Energie sparen. Nicht nur Stromfresser würden so leichter aufgespürt, auch könnten die Zähler helfen, Geräte mit hohem Verbrauch zu bestimmten Uhrzeiten zuzuschalten. „Zunehmend wird es flexible Tarife geben, bei denen Strom außerhalb der sogenannten Hauptlastzeiten preiswerter ist“, sagt Verbandssprecher Christian Fronczak. Der Verbraucherschützer träumt von intelligenten Waschmaschinen oder Trocknern, die mit dem digitalen Stromzähler vernetzt sind und sich zu günstigen Niedriglastzeiten einschalten – das spare bares Geld und schone die Umwelt. „Ein Viertel des gesamten Stromverbauchs verursachen Privathaushalte“, sagt Fronczak.

Bislang sind das noch Zukunftsvisionen. Greifbarer ist das, was die Celler SVO ihren Kunden in Aussicht stellt. Künftig sollen sie ihre sämtlichen Verbrauchsdaten bequem über das Internet abrufen können, sagt SVO-Sprecher Ralf Horst: „Der Kunde kann sich dann bei uns in ein Internetportal einwählen, dort seine Kundennummer und seinen Code eingeben und tagesaktuell auf seine Verbrauchsdaten zugreifen.“

Die Sorge, dass die Elektronik in den neuen Digital-Zählern anfälliger für Fehler sein könnte, hält SVO-Ingenieur Helmut Mitschke für unbegründet: „Ähnlich wie im Auto die Digitalanzeigen die Zuverlässigkeit bieten wie die alte Nadel, so bietet auch dieser neue Zähler die Zuverlässigkeit und Genauigkeit wie die alten Zähler.“ Die Geräte seien von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig geeicht worden.

Bis Ende 2008 läuft das Pilotprojekt für die digitale Strom-, Gas- und Wassermessung in Celle. Auch Vattenfall probiert in Hamburg und Berlin digitale Zähler aus – allerdings nur zur Strommessung. RWE geht nach eigenen Angaben ebenso in die Erprobung. „Wir wollen, dass die Digitalzähler möglichst schnell flächendeckend eingeführt werden“, sagt Verbraucherschützer Fronczak. Die Kosten für eine bundesweite Umstellung schätzt er auf acht bis zehn Milliarden Euro: „Durch die Energieeinsparungen amortisieren sich diese Kosten aber sehr schnell.“LUKAS SANDER

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