Erste Geständnisse

Im Prozess um einen geplanten Anschlag auf das Apfelfest in Rellingen haben die beiden Angeklagten Teilgeständnisse abgelegt. Am Donnerstag wollen sie sich zum Hauptvorwurf äußern

VON ELKE SPANNER

Die Liste der Vorwürfe ist so lang, dass der Staatsanwalt eine dreiviertel Stunde benötigte, bis er sie verlesen hatte. Die Anklage liest sich wie ein Streifzug quer durchs Strafgesetzbuch: Buttersäureanschläge, Sprengstoffexplosionen, Körperverletzungen, Brandlegung, versuchter Einbruchsdiebstahl. Kurzum: Die beiden Freunde Andre M. (20) und Dennis W. (19) gelten als Kopf einer Gruppe, die das beschauliche Rellingen, eine Kleinstadt in Schleswig-Holstein, über Monate hinweg in Aufruhr versetzt haben soll. Vieles davon räumten die beiden gestern ein, als sie sich in ihrem Prozess vor dem Landgericht Itzehoe erstmals zu den Vorwürfen äußerten. Der Hauptvorwurf aber kam noch nicht zur Sprache: Der geplante Bombenanschlag auf das Rellinger Apfelfest vorigen September. Verabredung zum Mord, nennt die Anklage den mutmaßlichen Plan der beiden Freunde. Ihre Anwälte haben im Vorfeld angekündigt, dass die beiden diesen bestreiten werden.

Den Ermittlungen der Polizei zufolge hatten Andre M. und Dennis W. geplant, an einem Bierwagen auf dem Apfelfest einen Sprengsatz zu deponieren und mittels Handy-Zünder zur Explosion zu bringen. Dabei hätten sie auch Tote in Kauf genommen. Das Motiv? „Frust“, heißt es aus Kreisen der Polizei. Die Bombe soll bei der Festnahme fast fertig gestellt gewesen sein. Offenbar hatten die Freunde die Wirkung ihres Selbstlaborates andernorts schon erprobt. In Ellerbek sprengten sie einen Zigarettenautomaten in die Luft, Ergebnis: Totalschaden. Bei der Durchsuchung der Wohnungen der beiden stellten die Ermittler im Zimmer von Andre M. umfangreiches Beweismaterial sicher: Sie fanden Chemikalien mit großer Sprengkraft.

Aufgeflogen ist das Duo dadurch, dass Andre M. und Dennis W. von Komplizen verpfiffen wurden. Ein Jugendlicher, der in die Pläne eingeweiht war und zunächst offenbar an der Tat teilnehmen wollte, hatte sich zwei Freunden anvertraut, die informierten die Polizei. Drei Stunden wurden die Jugendlichen intensiv von der Polizei befragt, die schließlich keinen Zweifel mehr an der Glaubwürdigkeit ihrer Behauptungen hatte. Am Tag darauf, dem 26. September, nahmen Spezialeinheiten die mutmaßlichen Bombenbauer fest. Die sitzen seither in Untersuchungshaft.

Zuvor hatten die beiden noch bei ihren Eltern gewohnt. Beide waren arbeitslos. Von Andre M. ist bekannt, dass er weder Schulabschluss noch Berufsausbildung hat. Er soll oft mit Straftaten vor Bekannten angegeben haben. Mehrfach musste er sich bereits vor dem Jugendgericht verantworten. Bei seiner Festnahme lief gegen ihn noch eine elfmonatige Bewährungsstrafe, da er nach mehreren anderen Delikten Anleitungen zum Bau von Bomben im Internet veröffentlicht hatte – auf der Homepage der Gemeinde Rellingen.

Da Andre M. in der Vergangenheit immer wieder mit aggressivem und gewalttätigem Verhalten aufgefallen ist, muss die Kammer des Landgerichts Itzehoe im Falle einer Verurteilung darüber entscheiden, ob er in die Psychiatrie eingewiesen werden muss. Auch sein Komplize zeigte sich gestern skrupellos. Vor Gericht sagte Dennis W.: „Das Schicksal anderer interessiert mich nicht.“

Der Prozess wird am kommenden Donnerstag fortgesetzt. Dann wollen Andre M. und Dennis W. sich zu dem Vorwurf äußern, den Bombenanschlag auf das Rellinger Apfelfest vorbereitet zu haben.