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: Die Lust der Selbstzerfleischung

Die Krisenbewältigung könnte zur neuen Krise werden – eben weil es keine Bewältigung ist. Die Weigerung des Hamburger SPD-Chefs Ingo Egloff, den Bericht über den Wahlstimmenklau bei der Kandidatenkür im März vergangenen Jahres zu veröffentlichen, löst in der SPD verständliche Unruhe aus und ist der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln. Zu nahe liegend ist der Verdacht, hier solle vertuscht oder jemand geschützt werden, der Dreck am Stecken hat.

KOMMENTAR VON MARCO CARINI

Natürlich ist Egloffs Befürchtung nachzuvollziehen, ein mediales Kesseltreiben nach der Publikmachung des Dossiers könnte Unschuldige treffen. Doch der SPD-Chef macht es sich zu einfach. Das berechtigte Interesse des Parteivolks, der um ihre Chance gebrachten Kandidaten und der Öffentlichkeit, mehr über den Vorfall zu erfahren, der die Hamburger SPD in eine ihrer größten Krisen stürzte, lässt sich nicht einfach vom Tisch wischen.

Aufklärung so weit wie möglich, der Schutz Unschuldiger so weit wie nötig, heißt hier die Devise. Dass Egloff keine Form findet, zumindest die relevanten Resultate der Kommission zu präsentieren, ist ihm anzulasten. So wundert es nicht, dass Hamburgs Sozialdemokraten wieder aufeinander losgehen. Freuen wird die Lust an der Selbstzerfleischung mit Sicherheit einen: Den schwarz-grünen Senat.

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