„Der Mond ist ein riesiges Archiv“

Der Mond als Rohstofflager und als Abflugrampe auf dem Weg zum Mars: Eine Zukunftsvision, die die Bremer Konferenz „To Moon and Beyond“ beleuchten will. Doch zuvor muss erstmal das Landen geübt werden

taz: Herr Müller, wir fliegen längst zum Mars. Was gibt es auf dem Mond noch zu erforschen?

Hartmut Müller: Wir kennen den Mond in der Tat weniger als den Mars. Wir wissen weder Genaues über den inneren Aufbau des Mondes noch über seine Kruste oder seine Rückseite. Der Mond steht seit Jahrmillionen unter dem starken Bombardement von Meteoriten. Jeder Einschlag kehrt ein Stück des Mondinneren heraus. Für die Geologen ist die Oberfläche des Mondes damit ein riesiges archäologisches Archiv, das Aufschluss über die Entstehungszeit des Mondsystems und damit letztlich des Universums gibt.

Sollten wir nicht besser in die Zukunft schauen?

Ja, aber um über künftige Entwicklungen zu sprechen, muss man die Vergangenheit kennen.

Für wen ist die Mondmission überhaupt interessant?

Für die Wissenschaft und die Raumfahrtindustrie, die sich von der Mission das Erlernen neuer Fähigkeiten für andere Explorationsmissionen verspricht: Weiches und sicheres Landen auf der Mondoberfläche beherrscht derzeit niemand. Das müssen Sie aber können, wenn Sie zum Mars oder zu Asteroiden fliegen.

Ist die europäische Mondmission, die Ihr Kongress stärken will, arg im Rückstand?

Wir haben das Symposion initiiert, weil wir eine mangelnde Entscheidungsfähigkeit europäischer Institutionen feststellen – und den fehlenden Informationsaustausch zwischen Wissenschaft und Raumfahrt-Community. Dem wollen wir abhelfen.

Die USA fliegen ab 2020 bemannt zum Mond, Europa will das auch. Wo ist das Novum?

Es waren schon Menschen auf dem Mond, aber nur kurz. Man möchte dort aber eine länger betriebene Forschungsstation aufbauen. Fernziel der europäischen Raumfahrtpolitik ist eine bemannte Mars-Mission. Da liegt es nahe, das zunächst auf dem Mond zu testen. Zudem gibt es Ideen, auf dem Mond Rohstoffe abzubauen – Sauerstoff, Metalle und Helium 3 etwa. Letzteres hat den Vorteil, dass die Abfälle nicht radioaktiv sind. Aus dem Sauerstoff könnte man Trerrrrribstoff für Missionen, wie etwa zum Mars gewinnen. Man hätte so ein Stück des Weges gespart. Außerdem ist die Schwerkraft auf dem Mond deutlich geringer als auf der Erde. Man braucht also für den Start weniger Energie.

INTERVIEW: PETRA SCHELLEN

Fotohinweis:HARTMUT MÜLLER, 52, leitet das Organisationsteam der Konferenz „To Moon and Beyond“ der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt