Fluchthilfe für 43 Euro

Weil er einem Mitinsassen zur Flucht verhalf, ist ein Häftling zu zehn Monaten Haft verurteilt worden

Für die Befreiung eines Mithäftlings ist ein 36 Jahre alter Gefangener der JVA Hannover zu zehn Monaten Haft verurteilt worden. Für 43 Euro, Turnschuhe, Jogginghose und die Aussicht auf einen Fernseher habe der Angeklagte dem 33-Jährigen zur Flucht verholfen, sagte der Vorsitzende Richter am Amtsgericht Hannover, Ralf Nesemann, am Montag. Der Angeklagte hatte eingeräumt, im April den Mann in einem Karton aus der JVA geschleust zu haben. Der Flüchtige, der wegen Einbrüchen und Betrügereien bis 2011 einsitzen musste, wurde einen Tag später gefasst.

Der 36-Jährige habe seine Position als Vorarbeiter in der Gefängniswerkstatt und die damals schwachen Kontrollen ausgenutzt, so der Richter. Der Angeklagte hatte den Mithäftling in einen Karton klettern lassen, in dem normalerweise in dem Gefängnis produzierte Tankdeckel ausgeliefert werden. Weder der Fahrer des Lasters noch die Aufseherin hatten etwas bemerkt.

Nur durch Zufall sei die Flucht schnell entdeckt und der Entflohene rasch festgenommen worden, sagte der Richter. Einen Tankstopp hatte der Flüchtige genutzt, um sich zu befreien. Die Aktion wurde aber von einer Videokamera an der Tankstelle aufgezeichnet. Zudem hatte der Lastwagenfahrer die Flucht bemerkt und die Polizei alarmiert.

Die Strafe für den Fluchthelfer fiel vergleichsweise milde aus, weil niemand bedroht wurde und es sich bei dem Flüchtigen nicht um einen Gewaltverbrecher gehandelt hatte. Zudem hatte der Angeklagte bereits massive Konsequenzen im Gefängnisalltag erlebt: So habe er unter anderem vier Wochen abgesondert im Keller des Gefängnisses verbringen müssen.

Seit dem Vorfall wird in der JVA Hannover jeder Karton, der das Gefängnis verlässt, von zwei Bediensteten überprüft. DPA