Türkische Geschäfte angegriffen

Unbekannte werfen Steine in die Schaufenster zweier Reisebüros und zünden die Auslage eines Gemüseladens an. Hamburger Polizei vermutet Zusammenhang mit den jüngsten Kurden-Protesten

VON GERNOT KNÖDLER

Drei türkische Geschäfte in Hamburg sind angegriffen worden. Am Samstagabend und Montagmorgen schlugen Unbekannte die Scheiben zweier Reisebüros ein und zündeten die Auslage eines Gemüseladens an. Die Polizei vermutet einen Zusammenhang mit den Protesten gegen die angeblich schlechte Behandlung des kurdischen Politikers Abdullah Öcalan, der in der Türkei in Haft sitzt. „Der Staatsschutz ermittelt“, sagte ein Sprecher.

Wie die Polizei mitteilte, flogen bereits am Samstagabend Pflastersteine durch die Fenster eines Reisebüros und eines benachbarten Gemüseladens im Hamburger Stadtteil Hamm. Am Montagmorgen gegen drei Uhr musste die Feuerwehr ausrücken, weil auf die Auslage des Gemüseladens ein Brandsatz geworfen worden war. Beide Geschäfte gehören zu einem Gemeindezentrum der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib), die eng mit dem türkischen Staat verbunden ist.

Um neun Uhr fiel auf, dass auf die Scheibe eines Reisebüros im Stadtteil Wilhelmsburg ebenfalls ein Stein geworfen worden war. Er beschädigte die Scheibe aber nur. Auf dem Fensterrahmen fanden sich die Buchstaben „PKK“ – das Kürzel der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei.

Die Verbindung mit der Ditib und der Hinweis auf die PKK lassen die Polizei von „einer politisch motivierten Tat“ ausgehen. Sie stehe vermutlich in Zusammenhang mit den jüngsten Kurdenprotesten und der Zuspitzung des Konflikts zwischen dem türkischen Staat und der PKK im Grenzgebiet zum Irak. Am Samstag hatten in Hamburg 700 Menschen für die Freilassung Öcalans demonstriert. Im osttürkischen Diyarbakir ist bei Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Kurden am Montagmorgen ein Demonstrant ums Leben gekommen.

Der Inhaber des Reisebüros in Hamm, Ahmed Ergin, sagte, bereits vor zwei bis drei Jahren sei die Tür seines Ladens zweimal eingeschlagen worden. Damals habe es sich aber um Einbrüche gehandelt. Bei den aktuellen Anschlägen hatte die Ditib, die in der Nähe der Geschäfte eine Moschee betreibt, rechtsradikale Motive vermutet. „Bereits im September haben wir mehrere Drohbriefe erhalten“, sagte der Gemeindevorsteher Mesut Yaprakli. Darin standen Sprüche wie „Türken raus!“ und „Raus mit diesen Untermenschen“.

Die Polizei hält einen Zusammenhang zwischen den Anschlägen und den Briefen für unwahrscheinlich. „Diesen Schreiber kennen wir schon seit Jahren“, sagte ein Sprecher. Der Unbekannte habe haufenweise Briefe gleichen Inhalts in der Republik verschickt. Sogar im Bundeskanzleramt sei einer eingegangen. Die Polizei geht davon aus, dass den Briefen keine Gewalttaten folgten. Auf rechtsradikalen Websites fanden sich am Montagmittag keine Kommentare zu den Anschlägen.

Nach Bekanntwerden der Angriffe hat Bülent Ciftlik von der der SPD-Bürgerschaftsfraktion eine Kleine Anfrage im Parlament angekündigt. Darin will er wissen, ob solche Vorfälle in jüngster Zeit öfter vorkamen und wie Migranten geschützt werden sollen. Der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Farid Müller besuchte am Montag den Tatort „als Zeichen der Solidarität mit den muslimischen Bürgerinnen und Bürgern in Hamm“.