Brrrrrr!

Der starke Frost führt im Norden vor allem zu Behinderungen im Straßen- und Schiffsverkehr. Eisbrecher halten Schiffsrouten frei. Das Betreten von Eisflächen bleibt dennoch lebensgefährlich

VON KAI VON APPEN

Die Feuerwehr Hamburg hat am Mittwoch den Beweis angetreten: Trotz klirrender Kälte und Minustemperaturen bis zu 15 Grad in den letzten Nächten gelingt es einem Feuerwehrtaucher problemlos, in die Eisdecke der Hohenfelder Bucht – einem Seitenarm der Außenalster, der schnell zufriert – einzubrechen. Jeglicher Versuch, sich auf die Eisdecke zu retten, misslingt, da das brüchige Eis an den Rändern immer wieder wegbricht.

Was hier nur eine Demonstration ist, kann schnell Realität werden. Denn trotz täglicher Warnungen der Umweltbehörde, die stündlich über die Lokalradios verbreitet werden, das Eis nicht zu betreten, gibt es Menschen, die dennoch dünne Eisdecken von Kanälen, Seen oder Teichen betreten. Mehrere Streifenwagen und der Polizeihubschrauber „Libelle“ sind damit beschäftigt, die eingefrorenen Gewässer abzuklappern und Eissünder – vor allem Kinder – vom Parcours zu scheuchen. Auch in vielen Kommunen Niedersachsens und Schleswig-Holsteins werden Gewässer auf Eissünder überprüft.

Denn damit sich eine sichere Eisdecke bildet, sind 20 Tage klirrende Minusgrade notwendig, da sich pro Tag nur ein Zentimeter zusätzliches Eis bildet. So ein Szenario gab es zuletzt 1997, als auch die Außenalster zum Volksfest freigegeben worden war. In Hamburg hat es am vorigen Wochenende womöglich das erste Opfer gegeben. Ein 60-jähriger Rentner ist im Stadtteil Bergedorf in einem Schleusengraben wenige Meter vom Ufer entfernt tot geborgen worden. Er war teilweise festgefroren. Die Polizei geht davon aus, dass der Mann im Eis eingebrochen ist.

Wer ins Eis einbricht, muss zwei kritische Situationen überstehen, erklärt Hamburgs Feuerwehrsprecher Peter Braun. „Zunächst setzt nach etwa 10 Sekunden ein Einatemreflex ein. Wer zu diesem Zeitpunkt noch unter Wasser ist, kommt nicht mehr hoch.“ Sei das Auftauchen geschafft, laufe die Zeit davon: „Ruhe bewahren und sich an der Eiskante festhalten“, so die Empfehlung, sofern Hilfe naht. „Wer herumzappelt verbraucht zu viel Energie und erleidet schnell einen Wärmeverlust“, ergänzt Einsatzleiter Günter Behling. Sinkt die Körpertemperatur auf 32 Grad, so Behling, „kann der Mensch seine Muskeln nicht mehr kontrollieren“.

Kälte und Frost haben den Norden weiter im Griff und behindern neben dem Straßenverkehr auch die Schifffahrt. Auf der Elbe zwischen Lauenburg und der Cuxhaven hat sich laut Bundesamt für Schifffahrt und Hydrographie zwischen fünf und zehn Zentimeter dickes Treibeis gebildet.

Elbaufwärts sind Eisbrecher im Einsatz, dennoch haben die Elbfähren Bleckede und Neu Darchau ihren Betrieb einstellen müssen. Auch an der Ostseeküste gibt es Behinderungen durch Eisschollen. Treibeis im Elbe-Lübeck-Kanal beeinträchtigt den Binnenschiffsverkehr, der jedoch vorerst aufrecht erhalten werden soll. Dennoch liegen vor Lübeck bereits erste Schiffe auf Reede, die wegen des Eisgangs nicht mehr in den Kanal eingefahren sind. Im Mittellandkanal ist ebenfalls ein Eisbrecher wegen einer fünf Zentimeter Eisschicht im Einsatz.

Im Raum Lüchow-Dannenberg ist am Mittwoch der Unterricht an allen Schulen ausgefallen. Das hatte die Kreisverwaltung entschieden, da die Straßenverhältnisse für Schülerbeförderung zu riskant schienen. Denn viele Nebenstrecken seien so vereist, dass ein Busverkehr unmöglich sei und selbst auf Bundesstraßen gebe es Schnee- und Eisglätte. In Bremen erschwert der Frost die Arbeit der Müllabfuhr. Abfälle frieren in den Mülltonnen fest, so dass Gefäße nicht oder nicht vollständig geleert werden könnten. In Braunschweig musste die Feuerwehr zu diversen Rohrbrüchen ausrücken.