DER RECHTE RAND
: Steine markieren das Revier

Eine Scheibe ist kaputt, ein Küchentisch beschädigt. „Der materielle Schaden ist nicht so groß“, sagt eine Bewohnerin des Wohnprojekts „Dampfziegelei“. In der Nacht zum Samstag verübten mutmaßlich erneut Neonazis einen Anschlag auf das alternative Wohnprojekt im Stadtteil Kiel-Wik. „Der Schreck und die Sorgen sind größer“, sagt sie. Schließlich leben in der betroffenen Wohnung auch zwei Kinder. Erst eine Woche vorher hatten Nazis Gäste eines Festes in der Dampfziegelei bedroht (taz berichtete).

In der Nacht zum 30. Mai nun wurden zeitgleich Scheiben in dem Wohnprojekt und Kommunikationszentrum Hansastraße 48 eingeworfen. Auch hier zum wiederholten Male. Im April 2008 waren die Scheiben des dortigen Kindergartens zu Bruch gegangen. Tags darauf schaute Daniel Z. von der rechten Kameradschaft „Aktionsgruppe Kiel“ vorbei, um den Schaden zu fotografieren. Nun vermuten die Geschädigten, dass Z. „aus Rache“ wieder mit dabei war, als die Scheiben eingeschmissen wurden. Denn einen Tag vor den neuerlichen Steinwürfen hatte die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet.

Die Wik, so denken die Betroffenen aus der „Dampfziegelei“, versuchen die Rechten derweil als ihr „Revier“ zu markieren. Rund um den Elendsredder wohnen Rechte schon länger, feiern Partys, bedrohen nicht-rechte Jugendliche. Bei der Schleusenstraße bestehen seit kürzerem rechte Wohngemeinschaften. „Nachbarn berichten uns, dass die sich wie Gangs im Viertel verhalten“, heißt es aus der „Ziegelei“. Für die DVU haben die militanten Rechten in der Wik die Europawahl-Plakate aufgehängt.

Für Freitag ist eine Demonstration unter dem Motto „Schluss mit der Nazi-Gewalt“ angemeldet. Ab 17.00 Uhr soll es von der Hansastraße in die Wik gehen.

Hinweis:ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland