Untersuchungsausschuss ohne Biss

HSH NORDBANK Gutachten der Kieler Staatskanzlei unterstellt Finanzexperten der Opposition Befangenheit. Die schärfsten Kritiker könnten damit von der Untersuchung des Skandals ausgeschlossen werden

Die HSH Nordbank ist aus den ehemaligen Landesbanken Hamburgs und Schleswig-Holsteins entstanden. Ein im Zuge der Finanzkrise auf rund 15 Prozent geschrumpfter Anteil gehört den schleswig-holsteinischen Sparkassen und einem Investorenkonsortium, vertreten durch J. C. Flowers.

■ Die Bank hat sich in den vergangenen Boomjahren massiv verspekuliert. Damit sie nicht insolvent ginge, haben die beiden Länder kürzlich drei Milliarden Euro frisches Kapital zur Verfügung gestellt, neben Garantien über zehn Milliarden Euro. Der staatliche Bankenrettungsfonds Soffin bürgt für die Bank mit bis zu 30 Milliarden Euro.

■ Die hamburgische Bürgerschaft und der schleswig-holsteinische Landtag haben Untersuchungsausschüsse eingerichtet. Sie sollen aufklären, wie es zu dazu kommen konnte, dass die Bank unkalkulierbare Risiken einging und wer dafür verantwortlich ist. Der Kieler Ausschuss muss sich sputen. Im Juni 2010 ist Landtagswahl.

VON GERNOT KNÖDLER

Die schärfsten Kritiker des HSH Nordbank-Debakels müssen möglicherweise den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (Pua) verlassen. Das legt ein Gutachten nahe, das die schleswig-holsteinische Staatskanzlei in Auftrag gegeben hat. Demnach könnte Ausschussmitgliedern, die dem Beirat der Nordbank angehörten, Befangenheit vorgeworfen werden.

Setzte sich diese Argumentation durch, verlöre der Ausschuss profilierte Nordbank-Kritiker wie FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki und Monika Heinold von den Grünen. Lars Harms vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW) wäre gar nicht mehr im Ausschuss vertreten. In Hamburg flögen der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Peter Tschentscher und der Fachsprecher Joachim Bischoff von der Linken aus dem Gremium.

FDP-Fraktionschef Kubicki kritisierte das Ergebnis des Gutachtens. „Es ist unglaublich, dass die Staatskanzlei das Gutachten in Auftrag gegeben hat, offensichtlich mit dem Ziel, unliebsame Oppositionspolitiker aus dem Ausschuss zu kicken“, schimpfte die grüne Abgeordnete Heinold. Peter Tschentscher von der Hamburger SPD zeigte sich überrascht: „Das ist ein Gremium, wo noch nicht mal was protokolliert wird“, findet er.

Der Beirat soll nach Angaben der Nordbank den Vorstand der gemeinsamen Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein bei der Wahrnehmung seiner Geschäfte beraten. Zudem soll er den Kontakt zur Wirtschaft, der Verwaltung und den Sparkassen fördern. Dementsprechend gehören dem Gremium Manager, Banker und Politiker an. In einer Mitteilung an die Bürgerschaft bezeichnete der Hamburger Senat den Beirat als „fakultatives Gremium, das aktienrechtlich keine Organfunktion, insbesondere keine Kontrollfunktion hat“. Beiratsmitglieder erhielten nicht mehr Informationen von der Bank als jeder Parlamentarier. Tschentscher findet das Fazit des Gutachtens deshalb „erst mal sehr verwegen“.

Der Anwalt Wolfgang Ewer stellt darin fest, dass auch Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Beirats zum Gegenstand des Untersuchungsausschusses gehörten. Beiratsmitglieder dürften deshalb laut Gesetz nicht im Ausschuss mitarbeiten. Täten sie das doch, könne das die Arbeit des Ausschusses stark verzögern. So sei der Fall vorstellbar, dass sich Zeugen gegen eine Vernehmung gerichtlich zur Wehr setzten und damit bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen könnten.

Der schleswig-holsteinische FDP-Abgeordnete und stellvertretende Ausschussvorsitzende Kubicki wunderte sich, dass die Staatskanzlei ein Gutachten darüber einhole, wie ein Parlamentsausschuss zusammengesetzt sein solle. Seine grüne Kollegin Heinold sprach von einer „dreisten Einmischung“ in Angelegenheiten des Parlaments. Trotzdem haben alle Fraktionen einvernehmlich beschlossen, die Besetzung des Ausschusses noch einmal vom wissenschaftlichen Dienst des Landtages prüfen zu lassen. „Wenn der wissenschaftliche Dienst diese Auffassung teilt, bin ich bereit, aus dem Ausschuss rauszugehen“, sagte Heinold. „Aber wir orientieren uns nicht an einem Gutachten der Landesregierung.“

In Auftrag gegeben hatte es der Chef der Kieler Staatskanzlei, Heinz Maurus (CDU). Er begründete das gegenüber dem Ausschussvorsitzenden Hans-Jörn Arp (CDU) unter anderem mit dem Hinweis auf die Beiratstätigkeit des scharfzüngigen Abgeordneten Kubicki begründet. Die Landesregierung habe offensichtlich Angst, „dass wir mit scharfen Fragen konsequente Aufklärung betreiben“, kommentierte Heinold.

Die Hamburger Bürgerschaftskanzlei hat nicht geprüft, ob eine Interessenkollision vorliegt. Die Abgeordneten Tschentscher und Bischoff gehören dem Beirat erst seit gut einem Jahr an. Er habe erst an einer Sitzung teilgenommen, sagte Tschentscher.