Große Tölen, kleine Beißer

HUNDEFÜHRERSCHEIN Herrchen schwerer Hunde müssen in Niedersachsen künftig kompetent sein

Nach den sich häufenden Beißattacken in Niedersachsen hatte Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen (CDU) vollmundig versprochen, Hund und Halter an die Kette zu legen. Ein neues Hundegesetz sollte noch vor der Sommerpause durch den Landtag gepeitscht werden. Nun hat ihn die Courage verlassen. Das Gesetz liegt bis Herbst auf Eis, ließ das Ministerium verlauten. Kurz vor der Bundestagswahl packt die Regierungskoalition die Furcht, es sich mit zu vielen Bürger zu verderben.

Die geplante Regelung besagt, dass Halter, deren Exemplare mindestens 40 Zentimeter Schulterhöhe und mehr als 20 Kilo Lebensgewicht besitzen, einen Kompetenznachweis erbringen müssen, ehe sie ihre Lieblinge ohne Leine und Maulkorb spazieren führen dürfen. Die Fronten sind verhärtet, wie ein Blick ins Internet oder in die Leserbriefspalten der Lokalzeitungen zeigt: „Es gibt genügend kleine Hunde, die wahre Mistkröten sind“, heißt es da. Der Beweis: „Mein Hund wurde auch schon von einem Mops angegriffen.“ Andere dagegen halten den „Hundeführerschein“ für unzureichend: „Die großen Töhlen sind waffenscheinpflichtig“.

Ähnlich umstritten ist das Hundegesetz auch in der Koalition. Die FDP sympathisiert mit den Doggen- und Rottweilerfreunden, die CDU weiß nicht so recht, wem sie einen Gefallen tun soll: Den vielen Liebhabern des canis lupus familiaris oder den Menschen, denen beim Anblick kalbsgroßer Hunde der Schweiß ausbricht.

Fragt man Experten wie Jochen Rissman, den Landesvorsitzenden des Verbandes für das deutsche Hundewesen (VDH), müssten die bestehenden Regelungen nicht verändert werden. Alle Unfälle wären zu verhindern gewesen, „wenn die Halter dem Gesetz entsprechend kontrolliert worden wären.“ So sieht das auch die Organisation „Tierische Engel“. Der Club groß gewachsener Vierbeiner hat für Sonntag in Hannover zu einer Demonstration auf dem Ernst-August-Platz aufgerufen. MICHAEL QUASTHOFF