KOMMENTAR: KLAUS IRLER ÜBER DAS MARKETING BEIM FC ST. PAULI
: Eine Schnapsidee mit Qualitäten

Statt hinter den Kulissen eine Lösung zu suchen, schießt sich der Club selbst ins Bein

Das größte Kapital des FC St. Pauli ist sein Ruf als Verein, der anders ist. Eine Facette dieser Andersartigkeit war im Jahr 2000 die Schnapsidee, die Vermarktungsrechte zu verkaufen und in der Folge 90 Prozent der Rechte an Fanartikeln zu verlieren. An all den Totenkopf-Pullis verdient der Verein kaum. Und hat nun wieder eine Schnapsidee, wenn er glaubt, einfach seine eigene Fanartikel-Kollektion auf den Markt bringen zu können.

Es verwundert nicht, dass St. Pauli mit diesem Vorhaben erstmal durch eine einstweilige Verfügung scheitert. Dafür wundert es, wie ein Verein auf den Gedanken kommen kann, die eigene, extrem erfolgreiche Selbstdarstellung zu sabotieren. Statt hinter den Kulissen eine Lösung zu suchen, schießt sich der Club öffentlich selbst ins Bein – in der Hoffnung, damit auch den Rechteinhaber zu treffen.

Die Strategie ist ein haarsträubendes Eigentor, entwickelt aber jene Qualitäten, für die der Verein geliebt wird. Da ist die naive Botschaft, so unverletzbar zu sein, dass selbst der Schnitt ins eigene Fleisch ein Mittel zum Zweck ist. Da ist das unkonventionelle Handeln, das vielleicht keinen Sinn, aber Gesprächsstoff ergibt. Und da ist die Fantasie, die der FC St. Pauli anregt: Man stelle sich vor, dass ein Teil der gerichtlich verbotenen Klamotten doch unter die Fans gelangt. Was die wohl demnächst am Schwarzmarkt wert sind?

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