Schleswig-Holsteins FDP: "Ich kann es eben wirklich besser"

Die FDP des smarten Anwaltes Wolfgang Kubicki ist sozialliberal, will aber nach der Wahl in Schleswig-Holstein nicht mit der SPD regieren. Wunschpartner ist die CDU, Grüne oder SSW dürfen den Steigbügel halten.

Glänzender Rhetoriker, smarter Rechtsanwalt, Angeber: Der starke Mann der FDP, Wolfgang Kubicki, setz auf ein schwarz-gelbes Bündnis. Bild: dpa

Seit Jahrzehnten wartet die FDP in Schleswig-Holstein darauf, wieder mitregieren zu dürfen - dieses Mal könnte es klappen. Die Freidemokraten des smarten Rechtsanwaltes Wolfgang Kubicki dürften zum Zünglein an der Waage werden. Parteivorsitzender ist zwar schon seit 1993 der Dithmarscher Bundestagsabgeordnete Jürgen Koppelin, der starke Mann der FDP im Land zwischen den Meeren aber ist der 57-jährige Kubicki. Seine politische Leitlinie lautet: "Wer klein ist, muss schlauer sein."

Die FDP setzt zwar offen auf ein schwarz-gelbes Bündnis, sollte es für beide jedoch nicht reichen, wären als dritter Partner auch die Grünen oder die Dänenpartei SSW möglich. Jede Option mit der SPD hingegen ist ausgeschlossen: "Das ist undenkbar", sagt Kubicki. "Schon aus Gründen der Selbstachtung" werde es "keine Stimme aus meiner Fraktion" für den SPD-Spitzenkandidaten Ralf Stegner geben. Der hatte die FDP eine "Partei ohne Grundsätze" genannt.

Dabei ist die Nord-FDP durchaus sozialliberal und steht bei einigen Fragen links von der Bundespartei. Der wütende Zwischenruf bei der Atomdebatte jüngst im Landtag: "Und wer trägt die Entsorgungskosten?", stammte vom FDPler Heiner Garg, denn die Blaugelben sind für den Ausstieg aus der "Übergangstechnologie Atomkraft" und gegen den Weiterbetrieb des Pannenreaktors Krümmel. Den Stromverbrauch des Landes wollen auch sie langfristig aus erneuerbaren Energien decken. Ein FDP-typisches Sowohl-als-auch gibt es bei der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid: Die Lagerung wird abgelehnt, die Forschung befürwortet.

Der Wahlausgang am Sonntag in Schleswig-Holstein ist nach mehreren Umfragen offen.

Die Forschungsgruppe Wahlen ermittelte am 18. September für das ZDF-Politbarometer folgende Werte: CDU 32 und FDP 14 Prozent; SPD 27, Grüne 12, Linke 7 und SSW 4 Prozent.

Das Institut Forsa ermittelte am 20. September für die Lübecker Nachrichten: CDU 31 und FDP 16 Prozent; SPD 26, Grüne 11, Linke 6 und SSW 5 Prozent.

Die Gesellschaft für Markt- und Sozialforschung ermittelte am 21. September für SAT1: CDU 31 und FDP 14 Prozent; SPD 28, Grüne 13, Linke 6 und SSW 4 Prozent.

Auch Wunschpartner CDU kommt nicht ungeschoren davon: "Politik zum Abgewöhnen" zeige die große Koalition. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen warf Kubicki schon vor vier Jahren "semiprofessionelles Handeln" und jüngst "Schlamperei" vor. Im Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank bilden Kubicki und die grüne Spitzenkandidatin Monika Heinold eine angriffslustige Doppelspitze - auch wenn er der gelernten Erzieherin einst den Rat gab, sie möge "schweigen und zuhören, wenn Akademiker reden".

"Keiner wird geschont", ist Kubickis Motto, und deshalb dürfe CDU-Finanzminister Reiner Wiegard nicht weiter die Verantwortung für die Nordbank haben, und deren Vorstand hätte er "schlicht und einfach in die Wüste gejagt". Mangelndes Selbstbewusstsein muss sich der glänzende Rhetoriker nicht nachsagen lassen. Zwischenrufer, die ihm Angeberei vorwerfen, kontert er gern mit dem Satz: "Ich weiß es eben wirklich besser."

Wenn die FDP mitregieren kann, möchte sie das Bildungsressort, Minister würde Ekkehard Klug, getreu dem Jux-Spruch der Fraktion: "Schule macht Klug." Gerade auf diesem Feld steht die FDP allein, denn sie will die Realschule wieder einführen. Das widerspricht dem Schulgesetz, das Schwarz-Rot erlassen hat, und das neben Gymnasien die zwei Typen Gemeinschafts- und Regionalschule vorsieht. Carstensen sagte: "Das Gesetz gilt." Damit ist der erste schwarz-gelbe Streit absehbar.

Kubicki ist dank seiner Kanzlei finanziell nicht auf die Politik angewiesen. Daher strebt er kein Ministeramt an, auch, um der Kabinettsdisziplin zu entgehen. Da er nicht Regierungschef werden kann, will er Fraktionsvorsitzender bleiben. Es gebe, sagt Kubicki, "neben dem Ministerpräsidenten keine wichtigere Position."

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