DER RECHTE RAND
: Ungehorsam erwünscht

Trauermusik wird durch die Straße schallen. Schweigend wollen am kommenden Samstag in Lübeck Rechtsextremisten aufmarschieren: Einmal mehr möchte die NPD den „alliierten Bombenterror“ vom 28. /29. März 1942 für sich zu nutzen. Einmal mehr stellt sich dem braunen Umzug aber auch ein breites Bündnis entgegen. „Wir können sie stoppen“, dieses Motto des zivilen Ungehorsams tragen neben Parteien, linken Initiativen und autonomen Antifagruppen auch die Kirchen. Mehr noch: Diverse Kirchen und religiöse Gemeinschaften bitten mit einem „Interreligiösen Aufruf“ alle Lübecker, sich am 28. März an den Protesten zu beteiligen.

„Seit einigen Jahren wird diesen Datum von rechtsradikalen Kräften missbraucht, um nationalistische Gedanken, Rachegefühl und pure Gewalt zu rechtfertigen“, begründen etwa Pröpstin Petra Kallies für die Evangelisch-Lutherische Kirche und Pastorin Imke Akkermann-Dorn für die Evangelisch-Reformierte Gemeinde ihren Appell, sich nach den Gottesdiensten an einer sternförmigen Prozession zu beteiligen. Zusammen mit dem römisch-katholischen Pfarrer Joachim Kirchhoff werben sie überdies um Akzeptanz für „zivilen Ungehorsam“.

Mitunterzeichner dieses Schreibens ist auch Joachim Nolte, Beauftragter der „Kirche gegen Rechtsextremismus“ bei der Evangelisch-Lutherischen Kirche. Im Rückgriff auf den Propheten Jeremia erklärt er, dass die Einmischung auf der Straße gegen die Feinde der Würde des Menschen geboten sei. Unter Berufung auf den Philosophen Jürgen Habermas wiederum erklärt er, dass der zivile Ungehorsam oft die letzte Möglichkeit sei, Irrtümer der Rechtsverwirklichung zu korrigieren.

Am vergangenen Samstag bereits erfuhren 40 Rechte, wie unwillkommen sie in Lübeck sind: Ihre Mahnwache mussten sie wegen angekündigter Proteste verlegen – stattfinden konnte sie nur eingekesselt.