Primarschule bald kaputt verhandelt

SCHULSTREIT Die Gegner der schwarz-grünen Schulreform sind auch nach dritten Verhandlungsrunde nicht kompromissbereit. Kommt es bis Dienstag nicht zur Einigung, droht den Hamburgern ein Volksentscheid

„Der Ball liegt jetzt bei der Initiative“

Frank Schira, CDU-Fraktionschef

Seit Mitte Januar ringt in Hamburg die schwarz-grüne Regierung mit den Gegnern der Schulreform um einen Kompromiss, um einen Volksentscheid zu verhindern. Doch die Chancen stehen schlecht, gestern gab es das dritte Treffen ohne Einigung. Während CDU und Grüne mit einem externen Kontrollgremium ein neues Angebot machten, beharrt die Volksinitiative „Wir wollen lernen“ (WWL) auf ihrer Kernforderung, die sechsjährige Primarschule nicht einzuführen. „Wir sind mit unseren Zugeständnissen sehr weit gegangen“, sagte der Grüne Fraktionschef Jens Kerstan.

Die Initiative hatte im November 184.000 Unterschriften für den Erhalt der Gymnasien ab Klasse 5 und des Elternwahlrechts gesammelt. Letzteres bietet der Senat jetzt an. So könnten Kinder in Klasse 7 auch ohne Lehrer-Empfehlung für ein Probejahr aufs Gymnasium. Zweitens soll die Reform nicht wie geplant 2010 in einem Rutsch starten, sondern „entschleunigt“ in drei Stufen bis 2012. Drittens kontrolliert ein Sonderausschuss der Bürgerschaft die Reform. Der Initiative war dies zu parlamentsnah, deshalb bot der Senat gestern ein externes Expertengremium an, in dem auch drei von WWL bestimmte Experten sitzen. Dieses kann die Reform für ein Jahr stoppen, wenn Qualitätskriterien nicht erfüllt sind.

„Wir gehen hier an den Rand des verfassungsgemäß Vertretbaren“, sagt Kerstan. Mehr Zugeständnisse wären eine Aushebelung der parlamentarischen Demokratie. „Der Ball liegt jetzt bei der Initiative“, sagt auch CDU-Fraktionschef Frank Schira. Am Dienstag soll ein letztes Treffen sein. „Wir hoffen, dass sie sich bis dahin bewegt“.

Doch WWL-Sprecher Walter Scheuerl lehnt eine hamburgweite Primarschule ab. Er spricht von einer „Zwangseinführung“ und würde nur Schulversuche „auf freiwilliger Basis“ zulassen. Dennoch zeigte er sich optimistisch. Scheuerl glaube nicht, dass das Senatsangebot „das letzte Wort ist“. Die Chancen für eine Einigung stünden „offen bis gut“.

Derweil weist eine Reaktion der Schulleiter der 162 künftigen Primarschulen darauf hin, dass sich schwarz-grün zu weit bewegt hat. „Wir halten es für geboten, die Reform flächendeckend und im bestehenden Zeitplan einzuführen“, heißt es in einem Appell. Das Problem ist: wenn nur wenige Grundschulen auf sechs Jahre umstellen, treffen deren Schüler in Klasse 7 auf feste Klassenverbände und haben Schwierigkeiten, unterzukommen. Das schreckt Eltern ab, ihre Kinder an Primarschulen anzumelden. KAIJA KUTTER