Hildesheim gegen gegen Rechts

NAZIAUFMARSCH Die Stadt Hildesheim schikaniert Gegner eines Nazis-Aufmarsches mit absurden Auflagen

„Kameraden, kämpft mit, damit unsere Kinder eine Zukunft haben. Auf die Straße, Widerstand leisten.“ In einem Podcast ruft der Dieter Riefling, ein Anführer der Freien Kameradschaften, zu einem Marsch durch Hildesheim auf. Auf Websites von NPD bis Kameradschaften läuft der Clip. Darin fordert NPD-Bundesvorstandsmitglied Thomas Wulff dazu auf, am 5. Juni, dem so genannten „Tag der deutschen Zukunft“, ein „mächtiges Zeichen“ gegen den „schleichenden Volkstod“ setzen. In Norddeutschland will die Szene offensichtlich einen neuen Aktionstag etablieren, so ein Mitarbeiter der Braunschweiger „Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt“. Über 300 Nazis werden erwartet.

Dagegen hat ein „Bündnis gegen Rechts“ von Gewerkschaften über Kirche und Schulen bis zu den Parteien eine Demonstration angemeldet, das sich nun von der Stadt Hildesheim behindert fühlt. Die verlangt, dass die Versammlungsleitung Flugblätter, die verteilt werden sollen, vorab vorlegt und dafür sorgt, dass kein „schwarzer Block“ mitprotestiert. Deswegen darf auch keine „dunkle Kleidung (schwarz, blau, militärgrün) wie z.B. Pullover mit oder ohne Kapuze, Hemden, Longsleeves, T-Shirt, Poloshirt, Halstücher, Baseball-Kappen“ getragen werden. Die DGB-Kreis-Chefin Regina Stolte will gegen die Auflagen vorgehen.

Eine Kundgebung in der Nordstadt nahe der Neonazi-Route, die die Linken-Landtagsabgeordnete Marianne König anmeldete, wurde ganz untersagt. „Wir überlegen, ein Eilverfahren anzustreben“, sagt König.

Rechtliche Mittel prüfen auch die Veranstalter der Straßenparade „Noch Lauter gegen Rechts“: Das vom Land Niedersachsen geförderte Projekt will am Freitagabend ein Musikevent gegen den Marsch ausrichten. Eine der Auflagen: Musik darf nur für jeweils fünf Minuten gespielt werden, dann muss fünf Minuten Pause folgen. „Durch Auflagen wie diese wird die Aktion unmöglich gemacht“, sagen die Veranstalter. DGB-Regionalchef Sebastian Wertmüller wird deutlicher: „Die Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht und keine Ausnahmeerlaubnis nach Gusto örtlicher Versammlungsbehören.“

Die Kritik kann Marion Dobias, Pressesprecherin der Stadt, nicht nachvollziehen. „Das ist doch alles Standard; gang und gäbe, um schwarze Blöcke zu unterbinden“, rechtfertigt sie die Auflagen. „Alles ist rechtens.“ANDREAS SPEIT