KOMMENTAR: ANDREAS SPEIT ÜBER UNERWÜNSCHTEN PROTEST GEGEN NEONAZIS
: Die verhinderte Blamage

Umso besser: Die Panikmache hat offensichtlich nicht gegriffen

In Bad Nenndorf herrschte kaum die Ruhe, die der Kurort gern für sich beansprucht. Noch am Abend zuvor war unklar, ob nur die Neonazis am Samstag würden aufmarschieren dürfen: Erst in allerletzter Minute erlaubte ein Gericht dem Bündnis „Bad Nenndorf ist bunt“, mit einer kurzen Kundgebung gegen den braunen „Trauermarsch“ zu protestieren.

So ersparte das Bündnis der Stadt und dem Landkreis Schaumburg die ganz große Blamage: einen Tag nämlich, an dem sich alte und neue Nazis unwidersprochen ihrer angeblichen Trauerarbeit hingeben konnten. Und das, nachdem die Protestler geradezu skandalös behandelt worden waren: Verfassungsschutz und Polizei etwa prognostizierten mehr als „500 gewaltbereite Linksextreme“. Am Samstagabend nun wollte die Polizei davon noch 300 ausgemacht haben – und gewalttätig waren die auch nicht.

Da wurde ein mit viel Mühe aufgestelltes, quer durch die örtliche Gemeinschaft reichendes Bündnis verunglimpft, ja kriminalisiert, wo doch viel zu lange geglaubt worden war, allgemeines Wegschauen helfe angesichts des alljährlichen Nazi-Events vor der eigenen Haustür. Umso besser, dass brave Bürger und Sportsfreunde sich nun spontan einreihten in eine Blockade – da hatte die Panikmache vorab offensichtlich nicht gegriffen.

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