Lohmanns begründete Sorgen

TIERQUÄLEREI Das als illegal erkannte Kämme-Amputieren bei Lohmanns Hähnchenküken wurde jahrelang toleriert – angeblich wegen eines Gutachtens aus Wageningen. Das ist aber gar kein Gutachten

Auf Antrag der Angeklagten verschoben wurde der Prozess gegen die Geschäftsführer der Cuxhavener Lohmann-Tierzucht GmbH (LTZ). Das bestätigte die Staatsanwaltschaft Stade. LTZ hatte den bei ihnen gezüchteten Hahnen-Küken Zehenglieder und Kämme amputiert.

Das sei „im Prinzip illegal“, heißt es schon im März 2006 in einem firmeninternen Protokoll, werde bloß „nicht kontrolliert“. Aber „dieser Bereich bleibt sehr gefährlich für LTZ“. Wohl wahr: Wegen millionenfachen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz müssen sich Professor Rudolf P. und Hans-Friedrich F. nun vorm Amtsgericht Cuxhaven verantworten – und, weil sie die Strafbefehle nicht akzeptiert haben.

„Die gingen über 90 Tagessätze“, so Staatsanwalt Thomas Breas – sprich: Hätten sie gezahlt, wären sie vorbestraft gewesen. Der Prozess eröffnet ihnen die Chance, das abzuwenden. Er hätte am 2. März beginnen sollen, doch nun weilt einer der beiden im Ausland. Für die Verschiebung auf Mitte April kommt aber auch ein anderer Grund in Frage: Ein Verteidigungsansatz, der Verweis auf ein „Gutachten“ der – agrarwissenschaftlich renommierten – Wageningen Universiteit, löst sich in Luft auf.

Erst hatte das Cuxhavens Kreisveterinär Dietrich Voß ins Spiel gebracht, später erzählte Niedersachsens Agrarminister Gert Lindemann (CDU) dem Landtag von „der Einschätzung der Universität in Wageningen“. Die sollte erklären, wieso die vom Landesamt für Verbraucherschutz im Mai 2008 bestätigte Tierquälerei teils noch bis 2011 geduldet wurde. Doch in den Niederlanden weiß man laut Cuxhavener Nachrichten nichts vom eigenen Gutachten. Klar: Eine seriöse Uni würde nie eine „Literatuurstudie“ über „ingrepen bij pluimvee“ dafür ausgeben. Die stammt von 2006 – und sichtet, gattungskonform, den Stand der Forschung, ohne sich eine Einschätzung über die deutsche Rechtslage zu erlauben. Anders als bei der Union hält man akademische Formen bei den Grünen nicht für Lappalien: Als „vorgeschoben“ bezeichnete Landwirtschaftspolitiker Christian Meyer das Argument vom Expertenstreit, der ein schärferes Vorgehen verunmöglicht hätte. Der Minister habe den Landtag mit „falschen Behauptungen“ beschwichtigt. BES