Kita-Ausbau in Lübeck: ErzieherInnen verzweifelt gesucht

In Lübeck droht der Krippenausbau an Personalmangel zu scheitern. Die BewerberInnen-Liste sei fast leer gefegt, berichtet das Jugendamt. Das Land bildet zwar zusätzlich aus, doch das reicht nicht, warnen Kritiker

Viele Kinder, zu wenig Personal: In Schleswig-Holstein fehlen ErzieherInnen. Bild: dpa

Lübeck taz | Lübecks Eltern sind mit der Stadtregierung an sich nicht unzufrieden. "Die Stadt steckt viel Geld in die Kitas, obwohl das Land sich aus der Finanzierung weiter rausgezogen hat", sagt Dirk Otten, der Vorsitzende der Kreiselternvertretung.

Lübeck baut Krippen aus, weil es ab 2013 für alle Kinder unter drei Jahren den bundesweiten Rechtsanspruch auf einen Platz geben wird. Allein die 28 städtischen Kitas wollen im August zehn neue Kleinkindergruppen eröffnen - wenn dafür Personal vorhanden ist. Man sei auf einem "guten Weg" die vom Gesetzgeber geforderte Krippen-Versorgungsquote von 35 Prozent zu erreichen, sagen die Jugendhilfeplaner. Wenn der Fachkräftemangel nicht wäre.

"Wir haben normalerweise sehr viele Initiativ-Bewerbungen von ErzieherInnen, die noch in der Ausbildung sind", sagt Thomas Gutzeit vom Lübecker Jugendamt. Zu Hochzeiten seien 20 bis 30 ErzieherInnen und noch mal so viele Sozialpädagogische AssistentInnen (SPA), die früher KinderpflegerInnen hießen, auf der Liste. "Jetzt ist sie nahezu bei Null". Er habe gerade drei vakante Stellen besetzt. "Das waren die letzten BewerberInnen."

Auch Dirk Otten merkt den Personalmangel in der Kita seiner Kinder. Seit Herbst fielen 20 Prozent der MitarbeiterInnen krankheitsbedingt aus, für die kein Ersatz gefunden wurde. "Es werden nicht genug Leute ausgebildet", sagt er. Und die, die eine Ausbildung hätten, gingen oft nach Hamburg, dort würden sie eine Tarifstufe besser zahlt. Nur 2.076 Euro brutto verdienen ErzieherInnen zum Anfang. Die geringer qualifizierten SPA sogar nur 1.780 Euro.

Das sei ein landesweites Problem, sagt Jette Uhde vom Landeselternbeirat der Kitas. "Momentan sind sehr viele Stellen ausgeschrieben. Ich höre, es fehlen 3.000 ErzieherInnen".

Vom Bildungsministerium war am Freitag zu diesem Thema keine Stellungnahme zu bekommen. Aus einer Kleinen Anfrage der Grünen geht jedoch hervor, dass die Landesregierung handelt und bis 2015 etwa 800 zusätzliche ErzieherInnen und 1.000 SPA ausbilden will. Schon jetzt Jahr gibt es je eine zusätzliche Klasse an den Fachschulen für Sozialpädagogik in Kiel, Preetz, Schleswig, Mölln, Neumünster, Niebüll, Heide, Pinneberg und Lübeck. Doch die Kapazitäten reichten nicht, warnt Lübecks Jugendsenatorin Annette Borns (SPD). Es gebe Wartelisten. Und die, die fertig werden, kommen oft nicht in die Kitas, sondern setzen ihre Ausbildung fort.

Was in der Antwort auf die Grünen-Anfrage zum Kita-Fachkräftemangel fehlt, sind Angaben über Planstellen für Lehrer. "Das Kernproblem ist, dass wir in den Berufsschulen nicht genügend sozialpädagogisch vorgebildete Lehrer haben", sagt der SPD-Kita-Politiker Detlef Buder. Er bezweifelt, dass die Planstellen genügen und fürchtet gar, dass die FDP-CDU-Regierung weiter sparen wird. "Hier wurde zu wenig Vorsorge getroffen", sagt Buder, der stark zweifelt, dass die Erfüllung des Krippen-Rechtsanspruch gelingt.

Auch Elternsprecherin Uhde hält die Maßnahmen für ungenügend. "Durch ein paar zusätzliche Klassen wird der Mangel nicht behoben". Die meist jungen Frauen würden in der kurzen Ausbildung nicht fit für den Arbeitsmarkt gemacht. "Es gibt sehr viele, die schnell gefrustet aus ihrem Beruf aussteigen". Nötig sei eine Aufwertung, eine Professionalisierung und eine Öffnung für Akademiker, etwa über Quereinsteiger-Programme.

"Der Erziehermangel fällt nicht vom Himmels. Wir haben früh gewarnt", sagt Bernd Schauer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Nötig seien bessere Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung. Auch müsse man auf Dauer die Ausbildung zur Fachhochschule verlagern. Schauer: "Man findet sonst nicht genug Leute, die diesen Beruf ausüben wollen".

Auch in Hamburg merkt man den Mangel. "Es wird schwieriger, Leute zu bekommen", sagt Steffen Becker, Sprecher vom Diakonischen Werk, das rund 170 Kitas betreut. Um sie zu halten, gebe es neuerdings "Mitarbeiterbindungsmaßnahmen".

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